Natürlich gibt es in der verrückten Landstraßen-WG nicht nur Spannungen zwischen den Bewohnern – viel schlimmer ist der nicht enden wollende Kampf gegen die Wohnung selbst.
So machte vor etwa zwei Wochen eines der Badezimmer durch besonders ekelhaften Kanal- und Fäkaliengestank auf sich aufmerksam, der sogar nach einer ausführlichen Putz- und Reinigungsaktion nicht verschwinden wollte. Als einziger richtiger Mann in der WG (zumindest der einzige Mann, der ab und an Verantwortung übernimmt) erklärte H. dem Geruch sofort den totalen Krieg:
Aufklärer erkannten alsbald den Abfluss der Dusche als den schurkischen Verursacher; der ursprüngliche Verdächtige, das WC, konnte schnell entlastet werden und das Verhörlager auf Kuba mit geringen psychologischen Schäden verlassen. Um es gar nicht erst zu einem aufreibenden Stellungskrieg kommen zu lassen, fuhr H. ohne Zögern die stärkste Waffe im Arsenal auf – Abflussreiniger. Sofort war der ekelhafte Gestank verschwunden und durch den benebelnden Geruch von Chlor ersetzt worden. Das Badezimmer wurde daraufhin zur kriegsversehrten Zone erklärt und bis zur Wiederherstellung der Begehbarkeit gesperrt. Zur Unterstützung der luftigen Regeneration wurde Duftspray in rauen Mengen eingesetzt – zum Chlor mischten sich also noch erkünstelte Zitronen. Nichtsdestotrotz wurde die Operation als gelungen erklärt; und tatsächlich, seit dem ist der Gestank im Badezimmer auf das übliche Niveau zurück gegangen*.
Letztes Wochenende ist aber etwas weitaus Schlimmeres vorgefallen: Der Geschirrspüler gab seinen Geist auf und schaltete sich nach wenigen Minuten der Benutzung von alleine wieder ab. H. erkannte sofort die Tragweite dieses Problems, denn der Geschirrspüler ist das einzige Hindernis zwischen ihm und einem verheerenden "Wer-Hat-Sein-Dreckszeug-Schon-Wieder-Nicht-Abgewaschen"-Konflikt. Sofort wurde ausführlich die Bedienungsanleitung studiert, verschiedene Tastenkombinationen ausprobiert und schließlich der Kundendienst angerufen. Es war aber schon nach 17:00, daher meldete sich dort keiner.
Für den nächsten Tag erklärte sich die liebreizende K. dazu bereit, sich des Kundendienstes anzunehmen – außerdem, und das wird besonders hilfreich sein am Tag des Jüngsten Gerichts, wusch sie das Geschirr ab, das sich die letzten Tage in hohen, ekelhaften Stößen angesammelt hatte. Der Kundendienst war, wie erwartet, wenig hilfreich, aber H. hatte, inspiriert vom Internet noch eine weitere Idee: Da K. mittlerweile entdeckt hatte, dass sich etwas Wasser am Boden des Geräts angesammelt hatte und so gar nicht ablaufen wollte, montierten die beiden (besser: K. montierte, Prinzessin H. wurde von Ekelanfällen geschüttelt und hielt lieber Kübel) den Abflussschlauch ab um das Abwasser in einen Kübel statt in den Kanal zu leiten (um zu sehen, ob die Abwasserpumpe der Maschine korrekt arbeitete).
Und siehe da, trotz Sieb im Geschirrspüler hatte sich eine ganze Menge Abfall angesammelt und den Abfluss am Ende des Schlauches verstopft. Einer Reinigung und Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit stand nichts mehr im Wege – K. und H. waren äußerst erfreut, beglückwünschten sich zu der gelungenen Aktion und beendeten den Tag mit dem üblichen Gruppenduschen und zärtlichen Massagen. Die restlichen WG-Bewohner S., D. und J. blieben übrigens herzlich unbeeindruckt vom Geschirrspülerproblems, das, darauf muss noch einem hingewiesen werden, die gesamte WG betraf und sahen sich auch nicht genötigt, unterstützend oder helfend beizuspringen – ich möchte, diesmal warnend, erneut auf das Jüngste Gericht verweisen.
* Später wurde auch der wahrscheinliche Auslöser des Geruchsangriffs identifiziert: Durch wochenendliche Nichtbenutzung der Dusche ist der Abfluss ausgetrocknet, was es den Kanaldüften ermöglichte, ungehindert bis ins Badezimmer vorzudringen. Da aber diese Erklärung den heroischen Kriegseinsatz von H. überflüssig gemacht hätte, wird sie hiermit nur im Kleingedruckten vermerkt.