Nicht nur angehende Studenten stehen vor der Herausforderung, sich zwischen Universität und Fachhochschule entscheiden zu müssen. Auch so mancher Personalverantwortliche hat die Qual der Wahl zwischen Universitäts- und Fachhochschulabsolventen mit (scheinbar) identischen Qualifikationen. Ist Hochschule denn nun gleich Hochschule?
Ein Unterschied ist weitgehend bekannt: Eine FH gibt den Stundenplan exakt vor und kann so eine fixe Studiendauer zusagen – das mindert dann doch erheblich den „Kulturschock“ für frischgebackene Maturanten. Es bedeutet aber auch, dass es auf Fachhochschulen praktisch unmöglich ist, Stunden zu reduzieren, um etwa neben dem Vollzeitstudium einer Beschäftigung nachzugehen. Auf einer Universität ist dagegen das Organisationstalent der Studenten gefragt, die sich jedes Semester ihre Kurse neu zusammenstellen müssen. Das ermöglicht es, das Studium gut auf die eigenen Interessen, Bedürfnisse und den nötigen Bedarf an Freizeit abzustimmen. Dafür müssen Universitätsstudenten selbst genug Motivation und Durchhaltevermögen aufbringen, um der Verlockung eines „gemütlichen Semesters“ zu widerstehen und ihr Studium in vertretbarer Zeit abzuschließen. Bei manchen Bachelor- und Masterstudiengängen an Universitäten ist die weitgehend freie Auswahl an Kursen übrigens etwas eingeschränkter, denn dort sind die zu besuchenden Lehrveranstaltungen unter Umständen ziemlich genau vorgegeben – die Zeit kann man sich aber nach wie vor selbst einteilen.
Fachhochschulen haben eine begrenzte Anzahl an Studienplätzen, was zwar einerseits aufwändige Aufnahmeverfahren und -tests nötig macht, dafür andererseits aber auch einen fixen Platz in Lehrveranstaltungen und Hörsälen garantiert – etwas wovon so mancher Uni-Student in heillos überfüllten Studienrichtungen nur träumen kann. Dadurch, dass Fachhochschulen an den meisten Orten relativ neue Einrichtungen sind, sind auch häufig die Gebäude moderne Neubauten und die Infrastruktur zeitgemäßer und in besserem Zustand als in den alteingesessenen Universtäten. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, grundsätzlich macht sich hier aber auch die oft großzügigere finanzielle Ausstattung von Fachhochschulen bemerkbar.
Vergleicht man den Lehrinhalt, fallen ebenfalls gewisse Unterschiede auf: An einer Universität wird hauptsächlich Theorie gelehrt. Durch die weitgehend freie Wahl der zu belegenden Kurse kann man sich breit gefächertes, fundiertes, "zeitloses" Wissen aneignen. Die erlernte Theorie in der Praxis anzuwenden – etwa durch Praktika – bleibt den einzelnen Studenten aber selbst überlassen, was sich dann eventuell auch in Lebensläufen äußert, in denen der Abschnitt „Berufserfahrung“ komplett leer bleibt. Eine FH legt im Gegensatz dazu sehr viel Wert auf Praxis, was sich nicht zuletzt durch eine genau fokussierte Ausbildung und verpflichtende Berufspraktika zeigt. Auf tiefer gehendes, theoretisches Hintergrundwissen wird dabei aber oft verzichtet, denn Fachhochschulen lehren grundsätzlich sehr wirtschaftlich und bedarfsorientiert. Das ist zwar sehr sinnvoll, wenn man sich später genau in der erlernten Disziplin beruflich betätigen möchte, aber es verhindert auch den so wichtigen Blick über den Tellerrand und erschwert möglicherweise Wechsel in andere Berufsfelder.
Professoren oder Dozenten an einer FH kommen oft direkt aus der freien Wirtschaft und können so den Studenten einen sehr guten Einblick in die Berufswelt und -praxis geben, haben eventuell aber eine sehr enge, wenig akademische Sicht auf ihre entsprechenden Fachbereiche. Die Evaluierungen, die die Studenten über ihre Dozenten abgeben, sind ein wichtiger Faktor für die FH-Leitung bei der Vergabe und Verlängerung von Lehraufträgen – nicht zuletzt, weil die Fachhochschulen sehr um eine gute, studentenfreundliche Reputation bemüht sind. Im Unterschied dazu kümmern sich alteingesessene Dozenten an Universitäten oft wenig um Drop-Out-Raten oder das Feedback der Studenten zu gewissen Lehrveranstaltungen – nicht umsonst haben sich einige Universitäten stark gegen die Einführung einer von Studenten abgegebenen offiziellen Evaluierung gewehrt.
Wenn sich nun endlich (oder schon) ein Semester dem Ende zuneigt, kommt die Klausurzeit – und auch hier gibt es kleinere Unterschiede: Auf Fachhochschulen folgen die Prüfungen oft, bedingt durch den ohnehin schon engen Stundenplan, schnell aufeinander und führen so eventuell zu einer der gefürchteten, geballten „Prüfungswochen“. Auf Universitäten hat man meistens mehr Prüfungstermine zur Auswahl und man kann sich deshalb seine Lernzeit besser einteilen. Grundsätzlich hat aber der zuständige Dozent immer relativ viel Entscheidungsfreiheit und es sollte sowohl auf einer FH als auch einer Universität versucht werden, den Studenten im Hinblick auf Klausurtermine entgegenzukommen. Einen wichtigen Unterschied gibt aber noch: Auf einer FH herrscht „Erfolgszwang“, wenn man dieselbe Prüfung auch nach dem dritten Versuch nicht erfolgreich ablegen konnte, ist es üblicherweise vorbei mit dem Studium.
Ein viel genanntes Argument für den Besuch einer Universität sind die höheren Einstiegsgehälter. So hat etwa eine aktuelle Studie des ÖPWZ in Zusammenarbeit mit der FH Wiener Neustadt herausgefunden, dass die Einstiegsgehälter bei FH-Absolventen bis zu 200 Euro unter denen von Universitätsabsolventen liegen. Ein etwas anderes Bild zeigt sich beim Personalberater XXXXXX : Hier ist das Gehaltsniveau von Berufseinsteigern, berechnet über mehrere hundert Vermittlungen aus den letzten Jahren, praktisch gleich. Man könnte übrigens durchaus argumentieren, dass die Gehaltsunterschiede durch die meist kürzere Studiendauer an Fachhochschulen und den daraus resultierenden früheren Berufseinstieg schnell egalisiert werden. Mit der Abschaffung der Studiengebühren wurde übrigens eine finanzielle Sonderregelung für Fachhochschulen in manchen Bundesländern überflüssig – so musste man etwa in Oberösterreich als Student an einer FH keine Studiengebühren bezahlen, an Universitäten aber sehr wohl.
Beim Einstieg in die Arbeitswelt haben Studenten von Fachhochschulen oft die Nase vorn, denn siekennen ihren künftigen Arbeitgeber vielleicht schon von einem ihrer Berufspraktika und sind dementsprechend gut eingearbeitet. Wenn man vom „durchschnittlichen“ Studenten ausgeht, der direkt nach der Schule zum Studium übergeht, verfügen FH-Studenten am Ende ihrer Ausbildung doch über erheblich mehr Berufserfahrung, möglicherweise sogar im Ausland. So können sie auch während ihrer Jobsuche die Vor- und Nachteile von Unternehmen besser gegeneinander abwägen, denn sie haben bereits mehr Einblick in die „innere Funktionsweise“ eines Unternehmens als Uni-Absolventen, die bestenfalls den einen oder anderen Ferienjob im Lebenslauf vorzuweisen haben. Die haben dann vermutlich eine höhere Einarbeitungsdauer, aber durch die breitere Ausbildung auch vielfältigere Einsatzmöglichkeiten.
Grundsätzlich ist die Wahl zwischen Universität oder Fachhochschule für den Berufsweg und die eigene Karriere meistens weniger entscheidend als es auf den ersten Blick scheint – mit etwas persönlichem Engagement lassen sich fast alle Nachteile der entsprechenden Hochschule wettmachen. Viel wichtiger ist es, dass man eine Studienrichtung wählt, die den eigenen Interessen entspricht, an der man Spaß hat und in der man allgemein sowie für sich selbst eine berufliche Zukunft sieht.
XXXXXX XXXXXXXXXXX hat an der FH Hagenberg studiert. Derzeit arbeitet er als Software Engineer bei XXXXXXXXXXXXXX , nebenbei studiert er an der Johannes-Kepler-Universität Linz.
Veröffentlicht als Gastkommentar in der Computerwelt, Ausgabe 03 / 2009.