Um auch bei den zeitlosen Klassikern mitreden zu können, habe ich nun endlich Starship Troopers gelesen – zweifellos ein Klassiker, im Jahr 1958 von Robert A. Heinlein ((Ist nicht jedes seiner Bücher ein Klassiker?)) geschrieben.
Zu meiner nicht geringen Überraschung habe ich schon nach den ersten paar Seiten feststellen müssen, dass das Buch so gar nichts mit den gleichnamigen Filmen zu tun hat. Abgesehen vielleicht davon, dass Menschen irgendwie irgendwo gegen Käfer kämpfen.
Überhaupt ist diese ganze Kämpferei im Buch gar nicht im Fokus; Schlachtszenen werden oft bloß gestreift oder sogar ganz übersprungen. Zentrales Thema ist viel mehr die Gesellschaft – dazu weiter unten mehr.
Überraschend ist für mich auch, dass trotz des hohen Alters dieses Klassikers die beschriebene Technik in großen Teilen ungewöhnlich zeitgemäß ist. Exoskelette spielen beispielsweise eine zentrale Rolle – genau wie in der aktuellen Militärforschung.
Wie üblich in klassischer Science Fiction sprüht das Buch nur so vor ungewöhnlichen Ideen und interessanten Konzepten. Und abstrusen Feststellungen (( 😉 )), wie etwa jener, dass Frauen besonders gut in Mathematik sein sollen und sich deshalb besser als Raumschiffpiloten eignen.
Besonders spannend finde ich aber das beschriebene Gesellschaftssystem, das im Film, wenn überhaupt, nur ganz leicht gestreift wird und hauptsächlich durch offensichtliche Referenzen zu Faschismus und dem Dritten Reich negativ auffällt.
Kurz umrissen: In Starship Troopers wird die Erde und ihre Kolonien von der „Terran Federation“ beherrscht. Diese Führung wird zwar gewählt, allerdings nur von jenen Bürgern („Citizen“), die zuvor freiwillig (Wehr)dienst geleistet haben. Nach Ablauf dieses „Service“ kehren die Veteranen in das zivile Leben zurück, mit dem Unterschied, dass sie nun aktives und passives Wahlrecht besitzen.
Bürger, die der Allgemeinheit nicht dienen möchten ((Es steht nicht nur militärischer Dienst zur Wahl.)) – dabei handelt es sich um eine vollkommen freiwillige Entscheidung, sie wird sogar eher noch erschwert – besitzen kein Wahlrecht, sind ansonsten aber nicht eingeschränkt.
In Diskussionen über ganze Kapitel hinweg führt Heinlein aus, wieso dieses System besser als die „unrestricted democracy of the XX. century“ ist: Wählen dürfen nur jene, die vorher gezeigt haben, dass sie persönlich Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen. Das Wahlrecht muss man sich erst verdienen, dementsprechend mehr ist es für jeden einzelnen wert.
Geradezu genüsslich werden die Unzulänglichkeiten unserer unbeschränkten Demokratie (und wieso sie im Universum von Starship Troopers Ende des 20. Jahrhunderts glorios gescheitert ist) aufgezählt: „People had been led to believe that they could simply vote for whatever they wanted … and get it, without toil, without sweat, without tears.“
Ich finde dieses Konzept, gerade mit all den Unzulänglichkeiten unseres eigenen Systems, seiner Politikmüdigkeit und Selbstbedienungsmentalität im Hinterkopf, ungemein interessant ((Es ist im Übrigen auch kein Geheimnis, dass Heinlein sich auf 300 Jahre alte Konzepte von Rousseau bezieht.)).
Wie würde es wohl bei uns aussehen, wenn man mindestens 5 Jahre freiwilligen und unbezahlten Dienst bei der Feuerwehr, dem Roten Kreuz oder anderswo dem Gemeinwohl dienend nachweisen müsste, um wählen zu dürfen (und, möglicherweise noch wichtiger, gewählt werden zu dürfen)?
Fazit: Starship Troopers ist uneingeschränkt empfehlenswert. Wer allerdings ein Buch erwartet, dass den Filmen gleicht, wird schwer enttäuscht sein – es ist mindestens so viel Philosophie enthalten wie Explosionen, dafür kaum Brutalität und keinen Sex.
ps: Gleichermaßen empfehlenswert sind ebenfalls die literarischen Geschwister von Starship Troopers, The Forever War und Old Man’s War. Beide enthalten übrigens auch Sex.