Es ist Freitagabend und vor meiner Abreise ins Mühlviertel möchte ich noch schnell ein paar Fotos von meinem PC aufs iPad kopieren, um sie Verwandten zeigen zu können. Aus dieser unschuldigen Idee soll sich nun eine Causa entwickeln, die mich ernsthaft an Apples Zurechnungsfähigkeit zweifeln lässt:
Erster Akt
Die betroffenen Fotos sind mehrere 100 Stück an der Zahl und damit insgesamt ein gutes Stück jenseits der 2-Gigabyte-Grenze angesiedelt, was Dropbox oder ähnliche schnelle Hilfsmittelchen ausschließt, auf die ich üblicher- und bequemerweise in solchen Fällen zurückgreife. Außerdem mussten die Fotos unbedingt offline zugänglich sein, denn im gesamten Mühlviertel (so zumindest meine Erfahrung) gibt es weder Mobilfunk noch Internetzugang. Es bleibt also nur die eingebaute iPad-Fotobibliothek.
Seit iOS 5 hat Apple vor mehr als einem Jahr den früheren iTunes-Zwang für Betriebssystemupdates abgeschafft – immerhin ein Punkt, den man ihnen groß anrechnen muss. Als erste Folge dieser Politikänderung ist damals umgehend das Ungeheuer iTunes – zweifellos die schlechteste Software, die jemals den Weg auf so viele Millionen Computer gefunden hat – von meinen PCs verschwunden.
Natürlich ist für den Zugriff auf die Fotobibliothek aber iTunes unbedingt notwendig.
Also installiere ich schweren Herzens dieses Monstrum und führe die üblichen notwendigen Konfigurationsschritte (AppleID eingeben, mit iPad verknüpfen, und so weiter) durch.
Zweiter Akt
Natürlich lassen sich aber auch über iTunes nicht einfach so ein paar Fotos kopieren, vielleicht sogar per Drag & Drop, denn das wäre ja obszön und viel zu benutzerunfreundlich.
Nein, man muss schon korrekterweise die Fotobibliotheken zwischen PC und iPad synchronisieren, so richtig mit allem Drum und Dran. Glücklicherweise kann man aber den Standard-Pfad des PC-Fotoverzeichnisses anpassen, und so immerhin iTunes vorgaukeln (sobald man herausgefunden hat, wo man klicken muss), dass das Verzeichnis mit den wenigen in Frage kommenden Fotos eh die gesamte Fotobibliothek ist und nicht extra alle 20 Gigabyte meiner Fotos kopiert werden müssen.
Dritter Akt
Natürlich lassen sich nun die Fotos aber nicht einfach so synchronisieren, denn sie befinden sich nicht auf einer lokalen Festplatte, sondern dort, wo sie hingehören, nämlich im Netzwerk auf meinem Medien-Server. Die dortigen Daten sind bequem per Windows-Homegroup mit allen anderen lokalen Computern geteilt (übrigens etwas, das Einzurichten insgesamt etwa 30 Sekunden Aufwand verursacht hat – ein Zeitraum, in dem iTunes nicht einmal vollständig gestartet ist).
Damit mag aber iTunes nicht umgehen, weil es logischerweise keinen Schreibzugriff auf die in Frage kommenden Verzeichnisse und Fotos hat. Warum iTunes für das simple Kopieren von Bildern unbedingt Schreibzugriff will, hinterfrage ich resignierend zu diesem Moment allerdings nicht mehr.
Also kopiere ich die Fotos auf den lokalen PC, damit auch Apple sich herablässt, mit ihnen zu arbeiten. Ich will die ja nur schnell auf meinem iPad haben.
Vierter Akt
Natürlich lassen sich nun die Fotos aber nicht einfach so synchronisieren, wie mich etwas kurz angebunden eine Warnung wissen lässt: „Alle bestehenden Fotos auf dem Gerät werden gelöscht. Fortfahren?“
Also muss ich vorher noch die wenigen Schnappschüsse und sonstigen wichtigen Erinnerungsfotos, die sich schon auf dem iPad befinden und dorthin via Dropbox gekommen sind, auf den PC zurücksichern, damit sie nicht auf Nimmerwiedersehen verloren gehen.
Nun endlich kann die Synchronisation beginnen, und jetzt, ein Traum wird wahr, finden sich tatsächlich neue Fotos in der iOS-Fotobibliothek. Erleichtert nehme ich das iPad zur Hand, um bequem auf der Couch liegend ein paar Fotos, die weniger geeignet für Verwandtschaft sind, zu löschen.
Fünfter Akt
Natürlich lassen sich diese Fotos aber nicht so einfach vom iPad löschen. Sie sind ja – sehr intuitiv – vollständig mit der PC-Fotobibliothek synchronisiert, was ein Löschen von vorneherein schon einmal gar nicht erlaubt. Warum ein Löschen nicht rück-synchronisiert wird, wofür iTunes dann überhaupt den Schreibzugriff ganz zu Beginn haben wollte und warum das ganze „Synchronisierung“ genannt wird, wird mir nicht erklärt. Das wäre aber vielleicht auch schon zu benutzerunfreundlich gewesen.
Also muss ich zurück an den PC, um dort diejenigen paar Fotos rauszulöschen, die ich nicht am iPad will (insgesamt waren es übrigens vier). Und danach muss natürlich die gesamte Synchronisation neu durchgeführt werden.
Zu meiner Überraschung folgt nun aber doch kein sechster Akt, denn jetzt ist dann doch alles so wie gewünscht. Bis halt auf ein ungewollt installiertes iTunes, ein sinnlos herumkopiertes Verzeichnis mit Fotos und einigen derben Flüchen, die ich im Nachhinein, in Sorge um meine unsterbliche Seele, am liebsten unausgesprochen machen möchte.
Alles funktionierte so unglaublich intuitiv und benutzerfreundlich, sozusagen eh wie auf Anhieb, ganz ohne Probleme und so einfach, dass es auch ein Kind oder meine Oma hätte schaffen können. Der Apple Effekt halt.