Wie im letzten Eintrag versprochen, kommt nun die Auflösung der höchst ominösen und vertrackten Bimberg-versinkt-im-Schnee-und-kein-Zipf-tut-was-dagegen Situation. Ich habe viele Stunden in menschenleeren Bibliotheken vor verstaubten, uralten Zeitungsausschnitten verbringen müssen und habe Tage im Altersheim bei mindestens so verstaubten Zeitzeugen gesprochen, aber am Ende war es es wert. Es folgt die mitreißende Geschichte von Leopold Figl.
Eines Tages ereignete sich ein furchtbarer Unfall, der den kleinen Leopold sein Leben lang prägen sollte. Durch einen Vulkanausbruch am Hansberg wurde er in seiner kleinen Höhle verschüttet und es verging fast ein halbes Jahr, bis er von zahlreich herbeigeeilten Hilfskräften befreit werden konnte. Doch auch diese Rettung konnte nicht verhindern, dass Leopold seinen Freund Schutty aufessen musste, um am Leben zu bleiben. Bis heute hat er sich das nicht verziehen, man munkelt dass er noch jede Nacht von seinen eigenen Schreien aufwacht und dann leise flüstert „Clyde Frog, schau nicht so vorwurfsvoll, ach Clyde Frog, es geht nicht anders … es tut mir so leid, Schutty, Schutty, ach Schutty, verzeih mir bitte“.
Seine Eltern gaben es zwar nie zu, aber sie schämten sich sich selbstredend für diesen kannibalischen Akt ihres Sohnes und schickten ihn nach Ohio auf die weltweit schlechteste Schule für Hundefriseure. Wider Erwarten fand Leopold aber an dieser Schule seine Bestimmung und binnen weniger Jahre stieg er zum gefragtesten heterosexuellen Friseur für Pudel in ganz Saint Jones auf. Leopolds Pudelsalon lief anfangs hervorragend und das Leben war endlich wieder gut zu ihm.
Jedoch, was niemand erwarten konnte, waren die zwei Pudel in Saint Jones und Umland nicht genug Kundschaft für den fleißigen Leopold – nach Jahren am Abgrund der Insolvenz musste er endgültig seinen Salon an einen skrupellosen kolumbianischen Waffenhändler namens „Sawed-Off-Shotgun-Hofer“ verkaufen. Lange Zeit schien es, als ob Leopold sich nicht von diesem erneuten Schlag erholen würde, aber die robuste Natur der Figls half ihm nach vielen Monaten des Leidens und der Selbstgeißelung wieder auf die Beine. Leopold wanderte 1945 zusammen mit seinem Lebensgefährten Clyde Frog nach St. Martin aus, wo er die Stelle des soeben in russischer Gefangenschaft verstorbenen ehemaligen Schneeräumers übernahm (er hat sich zu Tode geschaufelt, welche Ironie).
Bis heute übt Leopold diese Arbeit mit selten anzutreffender Ernsthaftigkeit und Leidenschaft aus – mit einer Ausnahme: Seit einem unerwarteten (und für ihn äußerst schmerzhaften) Zusammentreffen mit Schuttys Bruder in Bimberg wagt sich Leopold nicht mehr in dieses landschaftliche Kleinod. Es schmerzt den guten Menschen zwar zu sehen, wie die armen Bimberger in Schneemaßen versinken, aber sein Psychologe hat ihm jegliche Konfrontation mit seiner traurigen Vergangenheit verboten, gerade jetzt, wo die Wunden auf Leopolds armer Seele endlich verkrustet sind …
ich kann nur hoffen, das der Lebengefährte Clyde Frog ein Weibchen ist, denn sonst stimmt die Aussage „heterosexuellen Friseur“ nicht und ich möchte nicht wissen, was für Skandale es im Nachhinein gibt, wenn die Bewohner von Saint Jones erfahren, dass ihr einst so geschätzter Friseur doch nicht heterosexuell ist. Nicht, das sie in purer Homophobie den armen Poidl auch noch den Job als Schneeschaufler wegnehmen.
Sehr gelungener Beitrag übrigens 🙂
Da stellen sich mir nun folgende Fragen:
Was macht Leopold im Sommer oder liegt am Bimberg im ganzen Jahr Schnee?
Was wurde aus „Clyde Frog“?
Das ist so traurig und sehr gelungen.
Vielen Dank.
Im Anbetracht der globalen Erderwärmung wird Leopold nicht mehr viel von seinem Job haben…