Europa, am 24. Oktober 2011
Gebannt starten alle den ehemaligen AMS-Mitarbeiter Fredl Gusenbauer an. Nur Trichet erhob sich aufgebracht von seinem Platz und rannte hände- und um Fassung ringend im Raum auf und ab. „Also ich machen keinen Kniefall vor diesem Ludl“, stellte Merkel in herrischer Stimme fest, „wer sind wir, dass wir auf ihn angewiesen sind?“
„Also erstens ist das nicht der Ludl, sondern der Herr Doktor Ludwig Scharinger“, mahnte Fredl Gusenbauer, leicht betrunken und kämpferisch, Respekt vor dem Herren des Geldes ein, „und zweitens homma goar ka ondere Woi“. „Isch sehe das ähnlich“, pflichtete ihm Sarkozy bei, „diesäär Mann ist die Systemrelevanz in Person“.
In diesem Moment erschien ein „Joining video conference … Mitzi Fekter“ am Monitor im EZB Tower und die Frau Finanzminister schaltete sich zu: „Also bitte meine Herrschaften, ich darf doch schon bitten: Etwas mehr Respekt vor diesem Mann und Drachentöter!“ „Drachentöter“, fragte Trichet, mehr als verwundert. „Jawohl, Drachentöter, Sie haben richtig verstanden“, belehrte ihn diensteifrig die Mitzi, „meine Damen und Herren, Sie können sich doch wohl noch an den Spiegel-Titel „Monster Kapitalmärkte“ erinnern?“. „Ja, da war was“, brummte Merkel konzentriert vor sich hin.
„Exakt, meine liebe Frau Bundeskanzlerin“, setzte Mitzi, die eigentlich immer Erzieherin werden wollte, in bester Oberschullehrermanier fort, „und hätten Sie diesen Artikel so aufmerksam studiert wie wir hier in Österreich, dann wüssten Sie, dass der Einzige, der dieses Monster jetzt noch zähmen kann, unser geschätzter Herr Generaldirektor Doktor Ludwig Scharinger ist.“
Schlagartig wurde es den meisten Anwesenden klar, dass sie den nötigen Respekt vor diesem Mann bisher schmerzlich vermissen ließen, da schließlich er es war, der als letzte moralische Instanz gegenüber den außer Kontrolle geratenen und von Amoral geprägten Kapitalmärkten galt und stets den anständigen Banker in einer äußerst authentischen und liebenswerten Bauernschläue gab. „Meine liabn Damen und Herren“, säuselte der mittlerweile mit sieben Flaschen Rotburgunder versorgte sozialistische Schöngeist Fredl Gusenbauer vor sich hin, „Oiso se werden ned drum rum kumman, dem geschätzten Herrn Direktor Doktor in seiner Residenz am Pöstlingberg eine Aufwartung zu machen und ihn inständig um Vergebung und Fortsetzung seines heilvollen Wirkens zu bitten. Prost!“ Er wollte seine mit beklemmender Eloquenz formulierten Ausführungen fortsetzen, doch Zusammenhängenderes als „es wird a Wein sein, und wir wern nimmer sein“ kam ihm nicht mehr über die Lippen.
Nachdem der altgediente Volks- und Bundeskanzler von den anderen – erneut – nicht mehr ernst genommen werden konnte und der Raum von seinen penetranten Alkoholausdünstungen ausgefüllt war, brach binnen kürzester Zeit ein heftiger Streit aus, im Zuge dessen sich schnell zwei Lager feindselig gegenüber standen.
Das eine, angeführt von der hochmütigen Angie Merkel, pochte drauf, dass Stolz das wichtigste sei, was eine ehrenwerte Staatsfrau zu verteidigen habe – koste es, was es wolle, und sei es der Euro.Sie wurde bedingungs- und rückhaltlos unterstützt von ihrem Getreuen Wolfgang Schäuble, immerhin stand der ja auch auf ihrer Gehaltsliste. Das andere Lager wurde angeführt von den beiden Franzosen Trichet und Sarko, und unterstützt vom angeblichen EZB-Chef Mario Draghi sowie der Schottermitzi.
Die beiden Franzosen übernahmen schnell die Wortführerschaft. „Diese Madame Non gäht mir mäschtisch auf den Zeigär“, brüllte es schließlich aus dem unbeherrschten Sarko heraus. „Wir fahren nach Linz, Aus, Schluss, Ende“, sprach auch der völlig entnervte Trichet ein Machtwort und setzt trotzig nach, „wenn die beiden Deutschen daheim bleiben wollen, bitte sehr, wir werden sie nicht daran hindern“. „Jojo, do sehen sie es wieder, Herr Präsident Trichet“, mischte sich Mitzi nochmals anbiedernd ein, „die Deitschen, trauen sich netta ois Touristen ins schöne Österreich. Meine lieben Präsidenten, i würd vorschlagen, mir mochn Foigendes: Mia foarn noch Linz und treffen se am Mühlkreisbahnhof in Urfahr – und zwoa schon morgen um Viertel nach ans, de Zeit rennt uns jo davon!“ …