Ein höchst geschätzter Leser berichtet von einem heiklen Problem, das auch ich noch aus einer früheren Wohnsituation zur Genüge kenne: Seine Nachbarin ist beim Koitus derart geräuschvoll, dass an eine Nachtruhe nicht zu denken ist, schon gar nicht an eine gesegnete.
Verschärft wird des Lesers unangenehme Situation noch dadurch, dass sich erwähnte Nachbarin über Monate hinweg derart oft zu allen möglichen und unmöglichen Tageszeiten dem Lustspiele verschreibt, dass tatsächlich schon von daraus resultierendem Schlafmangel gesprochen werden kann. Dabei ist nicht nur die Dame volltönend ((Interessanterweise aber nur diese, von dem oder den vermutlich ebenfalls involvierten Herren ist kaum etwas zu hören)), sondern auch Möbelstücke werden hörbar in Mitleidenschaft gezogen.
Gemeinsam haben wir in Form eines Teams an hochqualifizierten Fachleuten in der Bar unseres Vertrauens an einer Lösung für diese vertrackte Situation gefeilt: So ist zwar die Wohnung der Unruhestifterin bekannt, nicht jedoch sie selbst. Eine persönliche Aussprache kommt von vornherein ob des für beide Seiten höchst unangenehmen Themas nicht in Frage.
Wir haben uns schlussendlich für einen höflichen Brief entschieden, der handschriftlich verfasst und im Briefkasten oder direkt an der Wohnungstüre hinterlegt werden muss.
Wie ich aus eigener Erfahrung weiß, haben viele unschuldige Personen mit einer ähnlichen Störung der trauten Ruhe zu kämpfen. Aus diesem Grunde folgt hiermit die Veröffentlichung dieses Briefes als Vordruck zur geneigten Weiterverwendung:
Liebe Frau X ((Hier den Namen von der Wohnungstür übernehmen)),
Sie sind im Prinzip eine sehr angenehme Nachbarin.
Es gibt da nur eine Sache, die ihren Schatten auf unsere ansonsten perfekte Nachbarschaft wirft: Zu bestimmten Nachtzeiten – vornehmlich wenn ich versuche einzuschlafen – steigt vorübergehend der Lärmpegel deutlich an.
Aus der Geräuschkulisse schließe ich, dass sie sich hauptsächlich im Schlafzimmer abspielt, auch Rücken und Rütteln von Möbelstücken scheint involviert.
Das ist einerseits zwar äußerst beneidenswert, andererseits aber meinem Erholungsschlaf sehr abträglich.
Im Sinne einer weiterhin guten Nachbarschaft bitte ich Sie, die abendliche Geräuschentwicklung einzuschränken. Vielleicht können Sie ja auch mit ein paar Filzbodengleitern ((Dem Brief einige Filzis beilegen, um einerseits guten Willen und Commitment zu demonstrieren, und andererseits gleich im Kampf gegen die Möbelgeräusche zu unterstützen.)) etwas anfangen?
Ich hoffe, Sie haben Verständnis, und ich bedanke mich im Voraus.
Okay Reaktionen:
1. Gute, höfliche Idee !
2. Männliches Ego lässt grüßen – in der heutigen Zeit noch einfach anzunehmen dass es sich um einen / mehrere Herren und nicht Dame/n handelt, die die Frau beglücken erscheint mir doch sehr vorschnell geurteilt.
3. Der Mitbwohner meiner besten Freundin hatte auch diese Angewohnheit zu unangenehmsten Zeiten Sex zu haben – mit Vorliebe auf/gegen (?) seinem/n Schreibtisch, den man dann toll hörte, wie er sich herumschob und -ruckte – also im Schlafzimmer muss es sich nicht unbedingt abspielen 😉 Vielleicht sollte man hier allgemeiner formulieren ?
4. Auch wir haben dieses Problem in der WG. Mein Zimmer ist Gott sei gepriesen nicht betroffen aber zwischen den beiden anderen gibt es eine Verbindungstür (Altbau) und da hört man jedes Wort – und was sonst noch so vorkommt. Das ist beiden Bewohnern bewusst. Eine Person hat einen Sexualpartner und die andere Person fühlt sich gestört. Die Frage die sich hier stellt (und vielleicht auch bei der von dir erwähnten Dame): stehen vielleicht einfach eine größere Anzahl von Leuten darauf, dass sie jemand erwischt/sieht/hört, als man annimmt?
Außerdem: stört es wirklich alle Leute, die sich drüber aufregen? Gefällt es manchen vielleicht insgeheim? (allgemein gefragt; ich glaube kaum dass dein Freund sich über seinen Schlafentzug freut)
Wollen sie das nicht zugeben weil die Gesellschaft die Stirn runzeln würde?
Liebe/r Anonymous,
danke für deine ausführliche Antwort 🙂
ad 1: Dankeschön 🙂
ad 2: Stimmt, das automatisch anzunehmen ist möglicherweise vorschnell geurteilt. Allerdings zeigt zumindest die Demografie, dass es sich vermutlich schon um Herren gehandelt hat. Damen wären aber definitiv spannender!
ad 3: Da sich bei besagtem Haus die selben Räume stets übereinander befinden, und – so zumindest meine Information – eindeutig hörbar ist, dass sich der Großteil der Eskapaden genau darüber abspielt, nämlich während erwähnter Leser schlafen will und sich dabei in seiner Bettstatt befindet, ist die Annahme, dass sich das Zentrum der Lärmbelästigung ebenfalls im Schlafzimmer befindet, durchaus gerechtfertigt. Und auch hier greift wieder die Wahrscheinlichkeitsrechnung: Da die meisten Menschen meistens Sex im Schlafzimmer haben, ist eine entsprechende Annahme nicht ganz aus der Luft gegriffen und leichter zu halten als kühnere Varianten wie „in der Küche“, „im Abstellraum“ oder „hinten im Kastl wo die Weingläser sind, die sowieso nie gebraucht werden und deswegen schon ganz staubig-trüb sind“.
ad 4: Guter Punkt, ich denke aber, dass die meisten Koitallärmerzeuger im Moment der Ekstase einfach nicht daran denken, und es eher selten tatsächlich absichtlich ist. Da es aber nichts gibt, worauf nicht jemand steht …
Es könnte durchaus sein, dass das sogar manchen heimlichen Mithörern gefällt. Ich selbst aber verabscheue dergleichen, und nicht nur weil ich mal in einer ähnlichen Lage war. Ich finde vor allem zu laute Herren sehr unpassend, lauthals stöhnende Frauen haben zumindest einen gewissen Charme.