In einer der zahllosen Facebook-Diskussionen über Flüchtlinge dieser Tage tätigte ich folgende Aussage, eher nebenher und nur um ein Argument zu unterstreichen:
Die Diskussion ging weiter, eine Antwort von T. fiel mir allerdings besonders auf:
Hmmm … kann es sein, dass das nicht für jeden Österreicher so eindeutig ist wie für mich?
Ist es möglich, dass Menschen – vielleicht besonders jene, die der Flüchtlingshilfe eher ablehnend gegenüber stehen – wirklich glauben, dass unsere derzeitige goldene Periode des Friedens ewig halten wird? Kann es wirklich sein, dass viele Mitteleuropäer davon ausgehen, dass sie nie wieder um ihr Leben fürchten müssen?
Kann es sein, dass schon wieder einmal unsere Geschichte vergessen wird?
Mitteleuropa hat seit 1945 keinen Krieg mehr gesehen. Unglücklicherweise gibt es immer weniger noch lebende Menschen, die uns noch aus erster Hand vom letzten Krieg hier bei uns erzählen könnten. Aber selbst ich kann mich noch daran erinnern, wie das Bundesheer in Kärnten aufmarschierte, so zur Sicherheit. Denn vor nicht einmal 25 Jahren gab es nur wenige hundert Kilometer von Österreich entfernt Krieg.
Die Wikipedia führt eine Liste von Kriegen. Ich bitte den geneigten Leser, da mal kurz drüber zu scrollen, nur um ein Gefühl für die schiere Menge zu bekommen. Und sich dann vor Augen zu führen, dass das „keine vollständige Auflistung aller kollektiv ausgeübten Gewaltakte […], sondern nur längerfristige militärische Auseinandersetzungen […]“ ist. Im großen Maßstab gelitten, umgebracht, gequält und vergewaltigt wird auch in kleineren Konflikten.
Die Geschichte lehrt uns ganz eindeutig und über jeden Zweifel erhaben eines: Mitteleuropa erlebt derzeit eine unglaublich glückliche, aber auch äußerst untypische Zeit des Friedens. Und irgendwann wird diese Zeit leider wieder enden. Das liegt traurigerweise in der Natur des Menschen, über Jahrtausende hinweg immer wieder bewiesen.
Vermutlich endet unser goldenes Zeitalter noch nicht in fünf, auch nicht in zehn Jahren. Aber es würde mich schon wundern, wenn es noch mehr als hundert Jahre anhalten würde. Möglicherweise (hoffentlich!) erlebe ich nicht mehr, wie unsere Häuser brennen, unsere Städte zerstört und unsere Nachbarn umgebracht werden. Aber meine Kinder oder meine Enkel oder meine Urenkel oder sonstige Nachfahren werden wieder Krieg erleben.
Es gibt keinen Grund, warum es diesmal anders sein sollte. Und besonders in den letzten paar Jahren, so scheint mir, haben sich schrecklicherweise die Anzeichen auch wieder verdichtet. Diese Sache in der Ukraine beispielsweise ist schon ziemlich nah, und ziemlich krass.
Ich bitte den geneigten Leser, das niemals zu vergessen. Und die Menschen, die verzweifelt nach Mitteleuropa flüchten, genau so zu behandeln, wie er möchte, dass seine Familie einmal behandelt wird, wenn auch bei uns wieder Krieg herrscht. Möge dies so weit in der Zukunft liegen wie irgend möglich, aber unausweichlich ist es.