Bergen, am 12. November 2010
Liebes Tagebuch,
Norwegen ist kein schönes Land. Es ist dunkel hier, saukalt und die Menschen sind abweisend. Zweiteres mag vielleicht daran liegen, dass mir meine Reisebegleitung Stephan sämtliche auch nur entfernt wärmende Kleidung für den Eigengebrauch abgenommen hatte. Dritteres, dass er sofort nach der Landung in Bergen damit begonnen hatte, jeden Einheimischen umgehend als „elendigen Drecksbolschewisten“ zu bezeichnen. Offenbar hat Stephan, der im Übrigen bekennender Nationalsozialist der ersten Stunde ist, den Norwegern nie verziehen, dass die deutsche U-Boot-Basis aus dem Zweiten Weltkrieg doch an die Alliierten gefallen ist.
Überhaupt habe ich mir Norwegen anders vorgestellt, hätte aber vielleicht Stephans Schilderungen von kilometerlangen weißen Sandstränden, sanfter Dünung, Palmen und willigen Hula-Mädchen nicht uneingeschränkt Glauben schenken sollen. Es ist also auch meine Schuld, dass ich hauptsächlich Badehosen und -schlapfen im Gepäck habe, was sich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und einem schlagenden, brutalen Reisegefährten schnell als nur bedingt optimal herausstellte …
Um die aufgebrachte Kritik von GC zu beschwichtigen: Stephan ist in Wirklichkeit natürlich kein Nationalsozialist. Im Gegenteil, in seiner Freizeit ist er bekennender Atomkraftbefürworter und LASK-Fan.