Karenz-Tagebuch LXX

Linz, am 1. Juli 2015

Geliebtes Tagebuch,

unerwarteten Umständen, Jobwechsel und Unmengen an Resturlaub ist es zu verdanken, dass ich im Juli neuerlich ein Vollzeit-Papa sein muss kann darf. Ich freue mich und bin sicher, mein teures Büchlein, du dich nicht minder.

Deswegen werde ich in den kommenden 31 Tagen noch einmal meiner Tasten letzte Kraft zusammen nehmen. Um dich auch diesmal wieder per schriftlicher Korrespondenz an dieser meiner neuen Quasi-Karenz teilhaben zu lassen. Sicherlich ist dir aufgefallen, dass sich das dann genau auf 100 meiner kleinen Brieflein voller Papadramen, -kom- und -tragödien an und für dich ausgeht …

Verzeih mir allerdings bitte bereits jetzt, wenn sich wegen elterlicher Auslastung auch dieses Monat nicht mehr als ein kurzes tägliches Telegramm ausgeht. Ich freue mich wie stets auf deine eloquenten, kurzweiligen Antwortschreiben und verbleibe, dir, mein geliebtes Tagebuch, stets in tiefster Zuneigung und Treue verbunden.

(Post-)Karenz-Tagebuch LXIX

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Baby isst fürs Leben gern <STOP> Mama und Papa auch <STOP> Die beiden derzeit allerdings unter erschwerten Umständen <STOP> Denn Baby isst vor allem das gerne, was Mama und Papa gerade zu sich nehmen <STOP> Deswegen müssen Kekse, Zuckerl und Eis stets heimlich verzehrt werden <STOP> Obst dafür möglichst öffentlich <STOP>

(Post-)Karenz-Tagebuch LXVIII

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Baby lernt viel von Mama und Papa <STOP> Aber auch umgekehrt <STOP> Guter Einfluss des Babys zeigt schon Wirkung <STOP> So waschen sich Mama und Papa nun öfter die Hände <STOP> Und essen gesünder <STOP> Zu geregelten Zeiten <STOP> Am Esstisch <STOP> Statt vor dem Fernseher <STOP> Erziehung funktioniert <STOP>

(Post-)Karenz-Tagebuch LXVII

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Baby motiviert zu mehr Bewegung <STOP> Vergleichbar mit Hündchen <STOP> Viel Spazieren <STOP> Unabhängig von elterlicher Motivation erzwungen <STOP> Hat auch Vorteile <STOP> Papa begeistert vom Zuwachs an täglichen Schritten <STOP> Die empfohlenen 10.000 pro Tag überhaupt kein Problem <STOP> Und Mama beeindruckt mit schon jetzt mehr als 1.000 Kilometern Spaziergang seit Jahresbeginn <STOP>

(Post-)Karenz-Tagebuch LXVI

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Papa zieht eigenartige Blicke auf sich <STOP> Zuerst Papa-mit-Baby Effekt vermutet <STOP> Nicht der Grund <STOP> Wer viel mit Baby allein ist, entwickelt seltsames Verhalten <STOP> Nämlich ständig halb mit Baby, halb mit sich selbst zu sprechen <STOP> Leider wird vergessen, dies in der Öffentlichkeit zu unterlassen <STOP> Heute im Lift sehr seltsame Blicke geerntet <STOP>

(Post-)Karenz-Tagebuch LXV

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Baby ist etwas ganz Besonderes <STOP> Hat Superkraft <STOP> Leider vergleichsweise unnütz im Alltag <STOP> Aber immerhin <STOP> Egal, wie lange man Baby abwischt, reinigt, säubert <STOP> Schafft es immer, irgendwie irgendwo Essensreste zu verstecken <STOP> Und Stunden später, zur ungünstigsten Zeit, wieder hervor zu zaubern <STOP>

(Post-)Karenz-Tagebuch LXIV

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Väter lernen von Baby viel für berufliche Laufbahn <STOP> Geduld mit begriffsstutzigen Kollegen <STOP> Führungskompetenz für schwierige Mitarbeiter <STOP> Wertschätzung für ruhigen Arbeitsplatz <STOP> Und vor allem: Voraussetzung für Karriere als Apnoe-Taucher <STOP> Minutenlanges Luftanhalten kein Problem mehr <STOP> Spätestens nach der hundertsten gewechselten Windel <STOP>

(Post-)Karenz-Tagebuch LXIII

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Pünktlich zu Papas … ähm … Papa-Sein neuer Trend etabliert <STOP> Ausnahmsweise vernünftiger Trend <STOP> Der DadBod <STOP> Papa präsentiert stattliches Exemplar eines solchen <STOP> Sehr männlich, sehr im Zeitgeist <STOP> Mama glücklicherweise noch ohne Mum-Bod <STOP> Baby kommt nach Papa <STOP> Zwar noch kein Dad <STOP> Aber schon starke Tendenz zum entsprechenden Bod erkennbar <STOP>

(Post-)Karenz-Tagebuch LXII

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Baby badet gerne <STOP> Abtrocknen weniger beliebt <STOP> Aber in Summe stets positives Erlebnis <STOP> Auch für Mama und Papa <STOP> Bis vor Kurzem <STOP> Baden zwar noch immer äußerst beliebt <STOP> Aber Baby entdeckt, dass Spritzen und Pritscheln stark spaßsteigernd wirkt <STOP> Leider einseitig <STOP> Mama und Papa müssen nun hinter Duschvorhang in Deckung <STOP> Und Waschlappen aus möglichst hoher Entfernung anwenden <STOP>

Karenz-Tagebuch LXI

Linz, am 31. Mai 2015

Geliebtes Tagebuch,

heute schreibe ich Dir endlich wieder einen richtigen Brief; bitte verzeih meine abgehackten Telegramme der letzten Wochen, für mehr Ausführlichkeit war keine Zeit.

Damit wären wir schon beim Thema: Wie schnell sie doch nur vergeht! Heute ist Tag 61 meiner Väterkarenz. Der allerletzte Tag. Die zwei Monate sind ja wirklich wie im Flug vergangen. Ab morgen ruft mich wieder die geregelte Arbeit.

Oft fragst Du mich, ob ich in Retrospektive lieber wieder im Büro bin oder die Zeit der Väterkarenz vermissen werde. Die Antwort, mein geliebtes Tagebuch, ist so einfach wie eindeutig: Sowohl als auch! Das ideale Szenario aus meiner Sicht wäre eine dauerhafte Ganze-Männer-Machen-Halbe-Halbe-Variante: Vormittags beim Baby, Nachmittags am Job. Natürlich ohne finanzielle Einbußen. Warme Eislutscher halt 🙁

Jedenfalls müssten meine Telegramme aus der Väterkarenz an Dich mit heutigem Tag enden. Du hast Dir aber eine Fortführung unserer Korrespondenz gewünscht. Es freut mich natürlich, dass Du so gerne von mir liest. Und es gibt noch so viele aufregende Dinge, die ich Dir unbedingt mitteilen muss. Darum werde ich Dir auch in nächster Zeit die wichtigsten Neuigkeiten von der Väterfront schreiben. Womöglich aber nicht mehr jeden einzelnen Tag.

Überhaupt habe ich Dir sorgfältig jede einzelne meiner Zuschriften aufgehoben. Du kannst sie also jederzeit wunderbar chronologisch sortiert nachlesen:

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Ich verbleibe in Erwartung Deiner Antwort und auf ewig Dein.