Notebook Review: Dell XPS 13

tl;dr

Ich hab mir ein neues, recht teures Notebook gekauft. Drei Tage nach Erhalt weiß ich noch immer nicht, ob ich es nicht doch wieder zurückgebe, auch wenn es im Großen und Ganzen ein hervorragendes Gerät ist.

Warum ein Dell XPS 13?

Seit gefühlt mehreren Jahren will ich  mir ein Notebook ((Und dass, obwohl ich eigentlich seit Jahren ausschließlich auf die Performance von selbst gebauten Desktops schwöre.)) als Desktop-Ersatz zulegen. In den letzten Jahren hat sich mein Nutzerprofil stark geändert – ich spiele kaum mehr am PC – und die Portabilität und der Couch-Faktor eines Notebooks wurden immer attraktiver für mich.

Dell XPS 13 SymbolfotoMeine Entscheidung fiel auf das Dell XPS 13 (2015 Edition, Modellnummer 9343), weil

  • ich schon gute Erfahrungen mit Dell gemacht habe
  • es eines der ersten lieferbaren Notebooks ist, das bereits den nigelneuen Broadwell-Chipsatz von Intel einsetzt
  • es in allen CES Reviews sehr gut weg gekommen ist

Im Europa-Shop von Dell waren zum Zeitpunkt meiner Bestellung blöderweise nur die teuren High-End-Versionen des Notebooks bestellbar. Anders in den USA, dort werden auch viel günstigere Varianten angeboten – aus meiner Sicht wären aber gerade diese die großen Kosten-Nutzen-Sieger.

Gekauft habe ich schließlich das Modell mit i7-Prozessor, 8 GB RAM, 256 GB SSD und 3200×1800 13,3 Zoll Display-Monitor. Das traurige daran ist nur der Kostenpunkt: Knackige 1.600 Euro inklusive Garantieverlängerung auf 3 Jahre und Vor-Ort-Reparatur kostet das Teil.

Die guten Sachen

Dell XPS 13, zum Größenvergleich neben einem iPad Air 2.Wer alle Details und Hardfacts zum Notebook lesen möchte, dem seien die zahllosen ProfiReviews ans Herz gelegt. Ich erwähne im Folgenden explizit nur jene Punkte, die mir besonders nennenswert scheinen. Der Gesamteindruck des Notebooks ist aber – hier deckt sich meine Meinung mit den meisten Reviews – an sich sehr gut.

  • Es sieht verdammt gut aus und kann sich in Look & Feel definitiv mit Apple-Hardware messen. Es ist klein, dünn und leicht – ich habe es im Foto oben zum Größenvergleich neben ein iPad Air 2 gelegt – und perfekt zum Mitnehmen und -tragen.
  • Die Verarbeitung ist hervorragend. Alles ist stabil, nichts knarzt und fühlt sich sehr wertig an. Außen ist rundherum Aluminium, innen schwarzes Karbon, das sich sehr gut anfühlt. Auch hier muss man sich sicher nicht vor Apple-Hardware verstecken.
  • Das Display ist spitze. Ein besonderes Alleinstellungsmerkmal des Notebooks ist ja der besonders dünne Displayrahmen – und der ist wirklich sehr cool. Leider sieht man es auf meinem Foto nicht so, aber die Darstellung der Farben ist hervorragend, und die extrem hohe Auflösung des Displays sowieso. Leider spiegelt es, aber das ist ja bei allen Touch-Displays so.
  • Es ist flott. Außer bei CPU-lastigen Aufgaben in Visual Studio merke ich keinen Unterschied zu meinem erheblich besser ausgestatteten Desktop. Windows 8.1 bootet so schnell, dass ich es nicht geschafft habe ins F8-Boot-Menü zu kommen 😉

Die schlechten Sachen

Der geneigte Leser möge selbst entscheiden, ob die folgenden Punkte schlimm genug sind, um den hervorragenden Gesamteindruck so zu vermiesen, dass eine Rückgabe gerechtfertigt ist.

  • Mein Hauptproblem: Unter Last wird der Lüfter unangenehm laut. Bei normaler Arbeit (etwa beim Tippen dieser Review) ist das Notebook komplett geräuschlos, wird aber die CPU mehr ausgelastet (etwa beim Start von Visual Studio) dann schaltet sich vorübergehend der Lüfter ein. Und der ist, zumindest in seiner höchsten Drehstufe, unschön laut. Beschneide ich künstlich die Leistung der CPU ((Vor allem das Deaktivieren des automatischen Übertaktens, Intel nennt das Turbo-Boost scheint sich positiv auf die Kühlung auszuwirken)), dann bleibt das Notebook zwar lautlos, ist aber auch spürbar langsamer. Ich hoffe, dass ich mit etwas Experimentieren noch einen guten Kompromiss zwischen Leistung und Lautstärke finden kann.
  • Genau in dem Winkel, auf den ich auf die Tastatur blicke, leuchtet die F9-Taste erheblich heller als alle anderen ((Genauer gesagt leuchtet es besonders hell aus dem Schlitz zwischen den Tasten hervor.)). Hat man es einmal gesehen, kann man es nicht mehr nicht sehen – es macht mich verrückt 😉
  • Noch fehlen ein paar Treiber für die aktuelle Vorschau-Version von Windows 10. Das betrifft vor allem die Grafikkarte und zwingt mich deshalb, derzeit noch auf Windows 8.1 kleben zu bleiben. Aber das dürfte ja nur eine vorübergehende Einschränkung sein.

Fazit

Ich kann mich einfach nicht entscheiden, ob mir das Problem mit der Lüfter-Lautstärke nervig genug erscheint, um für mich eine Rückgabe zu rechtfertigen. Einerseits fehlen mir sowieso die Alternativen ((Mir kommt als Alternative nur das noch teurere Lenovo Carbon X1 in den Sinn.)), andererseits möchte ich nicht heftige 1.600 Euro ausgeben, um dann stets leicht unzufrieden zu sein.

Ich werde die nächsten paar Tage noch fleißig testen. Der geneigte Leser möge versichert sein, dass ich meine finale Entscheidung an dieser Stelle kurz nachreichen werde.


Update, 1 Woche später

Nach ewigem Hin und Her und nach einigem Feedback von Kennern habe ich mich schlussendlich dafür entschieden, das Gerät zu behalten – es ist einfach zu schön und klein 😉

Ich habe viel mit den Prozessor- und Stromspar-Einstellungen experimentiert. Es gibt einerseits ein offizielles Tool von Dell, mit dem man verschiedene Lautstärke-Profile wählen kann – und in der „Leise“-Einstellung läuft der Lüfter insgesamt zwar mehr, aber nur in der langsamsten und damit leisesten Stufe. Das macht die Lautstärke erheblich erträglicher.

Außerdem habe ich andererseits entdeckt, dass der Lüfter fast ausschließlich nur dann läuft, wenn sich der Prozessor übertaktet, nämlich über den bereits erwähnten „Turbo-Boost“ von Intel. Und den kann man bequem über die Einstellungen von Windows deaktivieren, indem man die maximal erlaubte Prozessor-Geschwindigkeit auf 99 % (statt wie üblich 100 %) beschränkt. Das ist in der Geschwindigkeit kaum spürbar, hält das Notebook aber fast die gesamte Zeit absolut lautlos. Fast perfekt.

Mit diesen Tricks konnte ich meinen Hauptkritikpunkt am Dell XPS 13 – nämlich die Lautstärke des Lüfters – ganz brauchbar aus dem Weg räumen. Und endlich die vielen Vorteile dieses hervorragenden Geräts genießen und meinen alten Desktop ausmustern.


Update 2, März 2015

Dell hat ein Bios-Update herausgebracht (A02), dass die Lüfter-Problematik ein für alle Mal löst 🙂 Die Lüfter laufen nun fast nicht mehr (Visual Studio beispielsweise läuft nun, wie erhofft, lautlos), und sogar unter Volllast laufen sie nur mehr sehr leise. Ich bin sehr glücklich mit dieser Verbesserung, das XPS13 ist damit ohne Zweifel eines der besten Notebooks am Markt.

Österreich und seine grün blinkende Ampeln

AmpelWartend an einer Fußgängerampel wurde ich für einen neuen Beitrag inspiriert. Umgehend suchte ich meinen PC auf und begann hoch motiviert, über die grün blinkenden Ampeln in Österreich schreiben. Schließlich kenne ich dies nur von uns und fand schon immer seltsam, dass es das allein bei uns gibt.

Ich wollte darüber schreiben, dass es sich hierbei garantiert um ein typisch österreichisches Phänomen handelt. Um eine sichtbare Manifestation einmalig österreichischer Charakteristika. Um eine Ausprägung des bei uns so heimischen Ich-Will-Mich-Nicht-Festlegens, des Kompromisse-Machens-Mit-Denen-Am-Ende-Doch-Niemand-Zufrieden-Ist. Ich wollte launige Vergleiche ziehen, etwa mit der speziellen österreichischen Regelung beim Nichtraucherschutz und all den anderen Dingen, die es nur bei uns gibt und die weder Fisch noch Fleisch sind.

Ich wollte eine heitere Erzählung spinnen, dass es sich hierbei wohl um den ersten Streitpunkt der ersten großen Koalition handelte, die anno dazumal festlegen musste, wie lang eine typische Ampel-Grün-Phase zu dauern habe. Und die dann, auf Druck von  Wirtschaftskammer und eines Landeshauptmanns, der kurz vor der nächsten Wahl stand und noch dringend irgendetwas brauchte, um als großer Macher in die Medien zu kommen, einen seltsamen Kompromiss eingeführt hat. Obwohl schon damals allen klar war, dass mit diesem Nicht-Mehr-Ganz-Grün-Nämlich-Schon-Ein-Bisschen-Gelb-Aber-Eh-Noch-Kein-Rot-Dafür-Bald die Verkehrssicherheit sinkt ((In Österreich gibt es mehr Auffahrunfälle an Kreuzungen als in Ländern ohne Grün-Blink-Phase. Weil die Einen geben dann noch Gas, während die Anderen schon bremsen.)). Alles typisch österreichisch halt.

Und dann musste ich bei der Recherche für diesen Eintrag, der in meinem Kopf schon fertig und ausnehmend köstlich war, lesen, dass auch in China, Israel, Kroatien, Litauen, Lettland, Mexiko Polen, Russland, Slowenien und der Türkei die Ampeln grün blinken. Verdammt.

Baby Insights (2) – Warum Eltern ihr Baby ungern abgeben

Nach der ebenso einfachen wie einleuchtenden Erklärung, warum Eltern ihr Baby lieben, folgt hiermit stante pede eine weitere wertvolle Erkenntnis, geboren aus meinem harten Dienst an der Babyfront:

Es soll bei Eltern manchmal vorkommen, dass sie ihr Baby eher ungern an jemand anders abgeben. Auch wenn es nur die sanftmütige Großtante für die nächsten zehn Minuten ist, die ihre Lippen an alle frei liegenden Körperstellen des kleinen Gevatters pressen möchte. Diese Abneigung ist mal stärker, mal schwächer ausgeprägt, oft unterdrückt, aber trotzdem fast überall vorhanden.

Das liegt aber mitnichten daran, dass die armen ausgelaugten Eltern nicht heilfroh wären, wenn sich mal jemand Dritter um den anstrengenden Wonneproppen kümmern würde, auch wenn es nur für die nächsten zehn Minuten ist. Eher ganz im Gegenteil, mit wenig kann man den armen Menschen mehr Freude bereiten. Auch möchte man den wohlmeinenden Verwandten und Bekannten keineswegs den kleinen Kollegen vorenthalten. Und irgendwelche übertriebenen Beschützerinstinkte liegen auch so gut wie nie vor. Woher also diese Abneigung?

Nun darf man nicht außer Acht lassen, dass die Eltern eines Babys Tag und Nacht nur ein Ziel haben: Den Nachwuchs dergestalt zufrieden zu stellen, dass er nicht lautstark seinen Unmut zum Ausdruck bringt. Diesem Ziel ist alles andere untergeordnet, sei es nun der Schlaf oder andere dringende Bedürfnisse des eigenen Körpers. Die Eltern arbeiten hart und unermüdlich, um das Baby zufrieden (und damit leise) zu halten. Natürlich nicht um der oberflächlichen Lautstärke willen, sondern aus dieser seltsamen Zuneigung zu diesem Investment.

Eltern sind zufrieden, wenn das Investment Baby glücklich ist. Und das Baby ist aus Prinzip fast nie zufrieden, wenn es zwischen diesem unbekannten Hinz und dieser fremden Kunz herumgereicht und auf das Brutalste Wohlmeinendste abgeknuddelt wird. Spätestens bei der dritten Übergabe sinkt spürbar die Toleranzgrenze des dergestalt Herumgegebenen.

Was passiert also, wenn die armen Eltern, die mit viel Mühsal und Geduld ihr Baby in einen zufriedenen (und ruhigen) Zustand gebracht haben, dasselbige an Fremde abgeben? Das Resultat ist bloß, dass sie den Nachwuchs gefühlte 25 Sekunden später wieder zurückbekommen, diesmal allerdings in einer höchst unzufriedenen und lauten Verfassung. Und das hehre, alles überstrahlende Ziel – siehe oben – plötzlich wieder in weite Ferne gerückt ist. Durchaus nachvollziehbar also, dass man das verhindern möchte, oder?

Baby Insights (1) – Warum Eltern ihr Baby lieben

Was früher das iPhone, etwas später das Fitbit und letztes Jahr noch der Vollbart war, ist dieses Jahr der Nachwuchs. Ja, Babys sind 2014 zum unabdingbaren Lifestyle-Accessoire geworden ((Ich warte geradezu nur mehr auf die Vox-Dokusoap „Wer hat das süßeste Baby“ mit launigen Kommentaren von der Seitenlinie von Guido Maria Kretschmer.)). Anders kann ich mir den aktuellen Mini-Babyboom in Österreich nicht erklären.

Allerhöchste Zeit also, dass ich einige unschätzbare Weisheiten niederschreibe, die dem geneigten Leser, der dem aktuellen Trend folgen will ((Zumindest erscheint es mir so, wie wenn ein jeder um mich herum gerade dem Trend folgen möchte. Meine Weisheiten sollten also auf große Nachfrage stoßen. Oder so.)), enorm weiter helfen werden. In Monaten der harten Prüfungen und des Dienstes direkt an der Babyfront konnte ich ein paar wertvolle Baby-Erkenntnisse zusammentragen, die ich an dieser Stelle hinterlassen möchte. Die erste folgt:

Gemeinhin, vor allem bei der weiblichen Bevölkerungshälfte, ist unbestritten, dass Babys liebenswert sind. Man kann ein Baby einfach nicht nicht gern haben. Die Ausnahme von dieser Regel sind fremde, laute Babys in Restaurants, aber dieser statistische Ausreißer kann für meine These vernachlässigt werden. Woher kommt aber dieses unausweichliche „Lieb-Haben“ eines Babys, zweifellos am allerstärksten ausgeprägt bei den eigenen?  Eine Zuneigung, die mit steigendem Alter des Nachwuchses sogar noch wächst, so unmöglich dies am Anfang auch noch scheinen mag?

Nun, die Erklärung hierfür hat nichts mit geheimnisvollen Phero- oder Hormonen zu tun, auch nichts mit evolutionären Notwendigkeiten oder banalen Äußerlichkeiten wie dem Kindchenschema. Ganz im Gegenteil.

So ein Baby ist eine enorme Investition, sowohl an Geld als auch an Zeit. Allerdings eine recht problematische, denn einerseits ist am Anfang nicht klar, ob die Auszahlung am Ende den eigenen Vorstellungen entspricht. Und andererseits ist die Laufzeit eine recht hohe, üblicherweise mindestens 18 Jahre. Bei Bumerang-Kindern auch gerne mal erheblich länger.

Sobald man aber einmal mit ihr begonnen hat, ist ein Ausstieg aus dieser Investition nicht mehr möglich ((Fast so unmöglich wie bei einer Lebensversicherung.)). Folglich muss man laufend und ununterbrochen mehr und mehr in sie hinein stecken und irgendwie mit der kargen Kupon-Verzinsung und/oder der spärlichen Auszahlung von Dividenden über die Runden kommen.

Das perfideste Merkmal dieser Investition ist aber: Man erkennt die ganze Tragweite erst im Laufe der ersten durchwachten Nacht. Und da ist es dann, wie schon erwähnt, zu spät. Also versucht man – ganz unbewusst – sich selbst die eigene, bereits getroffene Investitionsentscheidung im Nachhinein zu erklären und sie zu rationalisieren. Allerdings mag dies dem vernünftig denkenden Mensch nicht recht gelingen, etwas das – allgemein gesehen – zur Erhaltung der Spezies dann doch eher wenig beitragen würde.

Deswegen hat das Unterbewusstsein etwas ganz Kluges eingerichtet: Man beginnt unmittelbar den eigenen Nachwuchs gern zu haben. Ziemlich viel sogar, mit laufend steigender Tendenz. So viel, dass jener kritische Teil des Gehirns, der diese verrückte, lebenslange Investition hinterfragen will, plötzlich ganz leise wird.

Kommt ein neues Biedermeier?

Nicht akute Schreibfaulheit oder gar chronische Inspirationslosigkeit hat Schuld, dass ich schon so lange keinen neuen Beitrag mehr getippt habe. Mitnichten!

Grund ist viel mehr eine altbekannte, neu aufflammende gesellschaftliche Strömung, derer auch ich mich beim besten Willen nicht verschließen kann und die mich ganz unbewusst weg aus der kritischen Öffentlichkeit des Interwebs heim ins private Idyll zieht:

Oh ja, ich glaube, wir haben ein neues Biedermeier. Oder sind zumindest gerade dabei, in eines hinein zu schlittern.

Bevor nun der geschichtlich versierte, sich aber trotzdem als modern und aufgeklärt empfindende Leser die Nase rümpft und verächtlich diesen Tab schließt, erlaube er mir eine gar nicht so kurze Listung interessanter Parallelen zwischen dem originalen Biedermair (1815 – 1848) und 2014:

Zensur

Im Geschichtsunterricht lernt man vom Biedermeier vor allem, dass es eine Zeit der strikten Zensur, der Überwachung und des Spitzelwesens war, ganz besonders in Österreich unter dem berühmt-berüchtigten Fürsten Metternich.

Man muss schon sehr die Augen verschließen, um nicht zu merken, dass es heutzutage eine vergleichbare Tendenz der zunehmenden Überwachung und Bevormundung durch den Staat gibt: Einerseits – wie auch schon früher – mithilfe des vorgeschobenen Totschlagarguments „Sicherheit“, andererseits aber auch viel perfider zum scheinbaren Schutz von Urheberrechten und veralteten Geschäftsmodellen.

Rückzug ins traute Eigenheim

im 19. Jahrhundert, ganz besonders im Biedermeier, waren Handarbeiten die Hauptbeschäftigung für Frauen des Bürgertums. Jeder, der schon mal eine jener bunt gemischten Strickrunden in Kaffeehäusern gesehen hat, kann gewisse Parallelen zur Gegenwart nicht leugnen. Eigentlich scheint es heutzutage sogar noch viel schlimmer zu sein.

Daneben erlebt auch die Heimwerkerei einen ganz enormen Aufschwung. Irgendwie scheint ein jeder gerade irgendetwas zu seinem Projekt machen zu wollen. Nicht zuletzt die schier zahllosen Hausbau- und -renoviershows im Fernsehen zeigen ganz klar: Das traute Eigenheim ist gerade wieder groß im Kurs.

Und das Fernsehen zeigt auch gleich noch einen zusätzlichen Trend auf, der den Schwerpunkt auf die Idylle der eigenen vier Wände legt: Koch-Shows. Generell gilt es ja schon fast als verpönt, etwas nicht selbst gemacht zu haben.

Prüderie

Geradezu legendär war das spröde Wiener Bürgertum des Biedermeier, das nach außen hin den moralischen Zeigefinger hob, auf dunklen Hinterhöfen aber der Prostitution zu neuen geschäftlichen Höhenflügen verhalf.

Und im „aufgeklärten“ 2014? Gerade jetzt erst hat Großbritannien eine ganze Reihe von Praktiken in der Pornografie verboten. Und auch bei uns rutscht Prostitution immer mehr ins illegale Zwielicht ab und die Ideale der freien Sexualität der 68er liegen scheinbar gar noch länger als das Biedermeier zurück.

Klimaprobleme

Was 1815 ein Vulkanausbruch mit folgender, extremer Klimaabkühlung war, ist heute die Klimaerwärmung. Gab es damals keinen Sommer, scheint diesmal der Winter auszubleiben (der geneigte Leser verzeihe mir dieses billige Witzchen).

Damals wie heute aber sicher mit ein Grund für die um sich greifende, ständig steigende Unsicherheit und des darauf folgenden unwillkürlichen Rückzugs aus der öffentlichen Gesellschaft.

Und am Ende : Revolution

Das originale Biedermeier hat mit einer ganzen Menge Revolutionen geendet. Die haben zwar nichts in jenem Umfang geändert, wie von den Revolutionären damals erhofft wurde, aber zumindest die Saat für die großen Umschwünge des 20. Jahrhunderts gelegt.

Man darf also gespannt sein, wie es im beschützten, noch von Unruhen verschonten Mitteleuropa weiter gehen wird. Es wäre aber sicher nicht das erste Mal, dass sich die Geschichte wiederholt …

Buch Review: Starship Troopers

Um auch bei den zeitlosen Klassikern mitreden zu können, habe ich nun endlich Starship Troopers gelesen – zweifellos ein Klassiker, im Jahr 1958 von Robert A. Heinlein ((Ist nicht jedes seiner Bücher ein Klassiker?)) geschrieben.

Zu meiner nicht geringen Überraschung habe ich schon nach den ersten paar Seiten feststellen müssen, dass das Buch so gar nichts mit den gleichnamigen Filmen zu tun hat. Abgesehen vielleicht davon, dass Menschen irgendwie irgendwo gegen Käfer kämpfen.

Überhaupt ist diese ganze Kämpferei im Buch gar nicht im Fokus; Schlachtszenen werden oft bloß gestreift oder sogar ganz übersprungen. Zentrales Thema ist viel mehr die Gesellschaft – dazu weiter unten mehr.

Überraschend ist für mich auch, dass trotz des hohen Alters dieses Klassikers die beschriebene Technik in großen Teilen ungewöhnlich zeitgemäß ist. Exoskelette spielen beispielsweise eine zentrale Rolle – genau wie in der aktuellen Militärforschung.

Wie üblich in klassischer Science Fiction sprüht das Buch nur so vor ungewöhnlichen Ideen und interessanten Konzepten. Und abstrusen Feststellungen (( 😉 )), wie etwa jener, dass Frauen besonders gut in Mathematik sein sollen und sich deshalb besser als Raumschiffpiloten eignen.

Besonders spannend finde ich aber das beschriebene Gesellschaftssystem, das im Film, wenn überhaupt, nur ganz leicht gestreift wird und hauptsächlich durch offensichtliche Referenzen zu Faschismus und dem Dritten Reich negativ auffällt.

Kurz umrissen: In Starship Troopers wird die Erde und ihre Kolonien von der „Terran Federation“ beherrscht. Diese Führung wird zwar gewählt, allerdings nur von jenen Bürgern („Citizen“), die zuvor freiwillig (Wehr)dienst geleistet haben. Nach Ablauf dieses „Service“ kehren die Veteranen in das zivile Leben zurück, mit dem Unterschied, dass sie nun aktives und passives Wahlrecht besitzen.

Bürger, die der Allgemeinheit nicht dienen möchten ((Es steht nicht nur militärischer Dienst zur Wahl.)) – dabei handelt es sich um eine vollkommen freiwillige Entscheidung, sie wird sogar eher noch erschwert – besitzen kein Wahlrecht, sind ansonsten aber nicht eingeschränkt.

In Diskussionen über ganze Kapitel hinweg führt Heinlein aus, wieso dieses System besser als die „unrestricted democracy of the XX. century“ ist: Wählen dürfen nur jene, die vorher gezeigt haben, dass sie persönlich Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen. Das Wahlrecht muss man sich erst verdienen, dementsprechend mehr ist es für jeden einzelnen wert.

Geradezu genüsslich werden die Unzulänglichkeiten unserer unbeschränkten Demokratie (und wieso sie im Universum von Starship Troopers Ende des 20. Jahrhunderts glorios gescheitert ist) aufgezählt: „People had been led to believe that they could simply vote for whatever they wanted … and get it, without toil, without sweat, without tears.“

Ich finde dieses Konzept, gerade mit all den Unzulänglichkeiten unseres eigenen Systems, seiner Politikmüdigkeit und Selbstbedienungsmentalität im Hinterkopf, ungemein interessant ((Es ist im Übrigen auch kein Geheimnis, dass Heinlein sich auf 300 Jahre alte Konzepte von Rousseau bezieht.)).

Wie würde es wohl bei uns aussehen, wenn man mindestens 5 Jahre freiwilligen und unbezahlten Dienst bei der Feuerwehr, dem Roten Kreuz oder anderswo dem Gemeinwohl dienend nachweisen müsste, um wählen zu dürfen (und, möglicherweise noch wichtiger, gewählt werden zu dürfen)?

Fazit: Starship Troopers ist uneingeschränkt empfehlenswert. Wer allerdings ein Buch erwartet, dass den Filmen gleicht, wird schwer enttäuscht sein – es ist mindestens so viel Philosophie enthalten wie Explosionen, dafür kaum Brutalität und keinen Sex.

ps: Gleichermaßen empfehlenswert sind ebenfalls die literarischen Geschwister von Starship Troopers, The Forever War und Old Man’s War. Beide enthalten übrigens auch Sex.

Zum Tode

Ein sehr kluger Mensch hat vor sehr langer Zeit einmal gesagt:

τὸ φρικωδέστατον οὖν τῶν κακῶν ὁ θάνατος οὐδὲν πρὸς ἡμᾶς͵ ἐπειδήπερ ὅταν μὲν ἡμεῖς ὦμεν͵ ὁ θάνατος οὐ πάρεστιν͵ ὅταν δὲ ὁ θάνατος παρῇ͵ τόθ΄ ἡμεῖς οὐκ ἐσμέν.

Sollte es den einen oder anderen geneigten Leser geben, der überraschenderweise dem Altgriechischen nicht mächtig sein sollte, hier die etwas holprige Übersetzung:

Das schauerlichste Übel also, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr.

Gesagt hat das Epikur, einer der großen Philosophen des Hellenismus. Er mag recht umstritten (gewesen) sein, in diesem Punkt hatte er aber recht. Man lasse mich näher ausführen:

Seit es Menschen gibt, fragen sie sich nach dem Sinn des Lebens und, in direkter Folge darauf, nach dem „nach dem“ Tod ((Verdammt, das war jetzt aber ein wohlgeschliffen‘ Spiel mit der Sprache.)). Und ebenso lang haben Menschen allerlei Erklärungen oder Vermutungen, was denn nun nach dem Tode sein wird: Auferstehung/Reinkarnation/Wiedergeburt oder ein Jenseits in allen denkbaren Ausprägungen (gut, neutral, schattig, böse, etc.) gibt es da. Und das nur in den paar großen Weltreligionen, von denen ich die allernotwendigsten Glaubensgrundsätze kenne. Ich bin sicher, dass es noch viel ungewöhnlichere Vorstellungen gibt.

Nachdem fast jede Glaubensrichtung behauptet, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein, ist es relativ schwierig, sich auf eine allgemeingültige Variante zu einigen. Auf den ersten Blick scheint diese Jungfrauen-Sache der Moslems ja ganz cool, aber das kann ziemlich brutal nach hinten losgehen. Endlos Party machen in Walhall klingt zwar auch super, aber auf Dauer, hmm, naja, ich weiß nicht so recht. Überhaupt ist das alles immer gleich für die Ewigkeit ausgelegt. Und die scheint mir scheint dann doch etwas gar lang, ganz egal wie paradiesisch sie auch sein sollte.

Nun wäre es ja wirklich wahnsinnig interessant zu wissen, ob es ein Leben nach dem Tod gibt. Oder ein jüngstes Gericht. Oder eine Schattenwelt. Oder ob jene Kuh, aus deren Milch die Butter gemacht wurde, die heute auf meinem Frühstücksbrötchen gelandet ist, der wiedergeborener Hitler ist. Aber weil sich die Menschheit so gar nicht auf eine gemeinsame Linie einigen kann, halte ich es erstmal lieber mit der Vernunft und dem alten Epikur: Nach dem Tod existieren wir nicht mehr.

Wenn man genauer drüber nachdenkt, ist das nämlich gar nicht erschreckend. Im Gegenteil, das entlastet sogar ungemein. Wenn es kein Leben nach dem Tod gibt, gibt es nämlich auch keine endlose Wiedergeburt. Und auch keinen Limbus. Und auch keine Hölle. Das nimmt einem doch gleich ein Stückweit die Angst vor dem Tod, nicht wahr?

„Jo, scho, oba don gibts jo a ka Paradies, und des is irgendwie scho voi super, hoaßts“, mag dann der geneigte Leser eloquent einwenden. Stimmt, das wär vielleicht recht fein dort. Aber wenn du nicht mehr existierst, dann kannst du dir auch schwerlich Sorgen machen, irgendwelche Jungfrauen verpasst zu haben. Du musst dir überhaupt keine Sorgen machen. Nie mehr wieder. Da klingt das Nicht-Sein gleich eine Spur attraktiver, oder?

Worauf ich hinaus will: Menschen haben sich zu allen Zeiten vor dem Tod gefürchtet. Und zu allen Zeiten mal obskure, mal spannende Erklärungen gesponnen, wie es nach dem Tod weiter gehen könnte. Und rundherum zahllose Religionen aufgebaut – auf die Kriege und Streitereien, die wiederum in Folge daraus entstanden sind, muss ich wohl nicht extra hinweisen.

Dabei muss man vor dem Tod keine Angst haben ((Bitte beachten, dass man vor dem Sterben durchaus Angst haben kann, vor allem, wenn es mit Schmerz oä. einher gehen sollte. Vor dem Tod-Sein aber nicht.)). Nicht, wenn mit dem Tod alles vorbei ist. Denn „alles vorbei“ heißt dann auch: Keine Angst, keine Schmerz, keine Ungerechtigkeit, keine Krankheit, kein Leid, keine Not. Klingt verdammt paradiesisch für mich. Epikur war halt doch ein schlaues Kerlchen.

Mir ist Politik zu schwer

Der geneigte Leser darf mich ruhig als politisches Nackerpatzl bezeichnen, aber ich muss einfach mal zugeben, dass mir das alles über den Kopf wächst und ich nix mehr verstehe. Nämlich, wie das so ist mit den politischen Ideologien.

Nehmen wir mal den Liberalismus: Bei uns haben zwar nicht allzu viele Liberale was zu sagen, aber die paar wenigen treten dann doch immer irgendwie für mehr Freiheit, mehr freier Wettbewerb, weniger staatliche Regulierung und überhaupt „weniger Staat“ ein. Sagt nicht nur mein Gefühl, sondern auch die Wikipedia.

In den Vereinigten Staaten haben Liberale etwas mehr zu bestimmen als bei uns, sie stellen immerhin den Großteil der Demokratischen Partei und damit die Mehrheit im Senat und auch den Präsidenten. Dort scheinen sie aber ganz was andres zu wollen als ihre Verwandten in der Alten Welt. In Amerika sind die Liberalen nämlich irgendwie eher für weniger Freiheit, weniger freiem Wettbewerb, mehr Regulierung und überhaupt „mehr Staat“. Sage nicht ich, sondern deren Erzfeind, die GOP.

Sehr verwirrend, das alles. Sicher fehlt mir aber einfach das geistige Rüstzeug, um die hohe Kunst der Politik zu verstehen. Schade, dass es bei uns nicht so verständliche und klare Politiker gibt wie anderswo.

Homöopathische Verhütungsglobuli

In meiner Reihe „Argumente gegen pseudowissenschaftliche Überzeugungen, denen mit rationalen Belegen nicht beizukommen ist“ habe ich ein neues entdeckt. Ziel diesmal: Die Homöopathie.

Der Postillon machte vor Kurzem recht treffsicheren Spaß über homöopathische Verhütungsglobuli – der geneigte Leser möge das lesen, es ist schön kurz, aber lustig.

Dabei gibts hinter diesem Schmäh sogar eine tiefere Wahrheit, die ich ab heute zu nutzen gedenke: Ich kenne einige ansonsten grundvernünftige Personen, die unumstößlich an die magische Wirksamkeit von Homöopathie glauben und bei der Erwähnung des Teufelsworts „Schulmedizin“ sicherheitshalber ein Kreuzzeichen schlagen und/oder ihre Chakren neu ausrichten müssen.

Bei der nächsten Diskussion – und die kommt unausweichlich – werde ich ein neues Argument in Stellung bringen:

Wenn du wirklich so an Homöopathie und die weltweite Verschwörung der verachtenswert-gierigen Pharmaindustrie glaubst – wieso nimmst du dann überhaupt die Pille? Da muss es als Alternative zu diesem Gift-Hormon-Cocktail doch auch was Homöopathisches geben, oder? Na los, sei konsequent und leb deine Überzeugung …