Eigentlich hatten unsere Ahnen gar keine so schlechte Idee. Ich rede, natürlich, vom uralten Brauch, den Ehepartner für die eigenen Kinder auszusuchen und vorzugeben, im Extremfall schon lange vor dem vermählungsfähigen Alter.
Dies wird auch heutzutage noch in vielen Kulturen so gehandhabt, nur in unseren Breitengraden ist es unverständlicherweise verpönt, sieht man von einigen wenigen progressiven Zuwandererclans ab.
Grade wir Österreicher sollten uns unserer langen Tradition solcher Verbindungen entsinnen („Bella gerant alii, tu felix Austria nube.“) und schön langsam, immerhin bin auch ich schon im heiratsfähigen Alter, erkenne auch ich die unleugbaren Vorteile eines solchen Arrangements.
Selbst wenn man möglichen politischen oder gesellschaftlichen Nutzen außen vor lässt, verfügen die eigenen Eltern über Jahrzehnte an zusätzlicher, nützlicher Lebenserfahrung, sind also erheblich besser dazu qualifiziert, den Partner fürs Leben zu finden als man selbst, der man doch sowieso nur von schmutzigen Gedanken und oberflächlichen Trieben gesteuert wird.
Und seien wir mal ehrlich: Selbst wenn man heute glaubt, die immerwährende Liebe des Lebens gefunden zu haben – in zwei, drei Jahren schaut die Sache schon ganz anders aus. Viel Unterschied zu einer arrangierten Ehe ist dann sowieso nicht mehr zu erkennen: Einmal die Woche Sex (Sonntags nach der ZIB2) und gemeinsame Abendessen bei Todesstille. Nur im Winter ist man froh, wenn man im kalten Schlafzimmer einen warmen Körper neben sich liegen hat.
„Du bist ja nur dessillusioniert“, zetert nun der frischverliebte Leser (m/w). Mag sein, aber ich bin zu alt, um mich noch länger aus dem Bravo entsprungenen Teenagerträumen hinzugeben, ich muss die Dinge pragmatisch angehen. Wären sie dafür zuständig gewesen, müssten sich jetzt weder meine Mutter noch meine Großmutter Sorgen machen, dass ich, Zitat, „übrig bleibe“. Da, zumindest in Österreich, das Verhältnis Mann/Frau fast 1 ist, würde nämlich überhaupt niemand übrig bleiben. Ein Paradies der kleinbürgerlichen Idylle also?
Vielleicht. Schließlich durfte ich auf 3sat schon genug Dokumentationen über Zwangshochzeiten im Hinterland der Türkei sehen, um durchaus auch über die Nachteile im Bilde zu sein. So finde ich es natürlich nicht schön, wenn ein bildhübsch verschleiertes 16-jähriges Mädl (natürlich Jungfrau) mit einem ekligen 45-Jährigen (vermutlich ebenfalls Jungfrau) vermählt wird. Gewisse Regeln (etwa Alter, Gewicht, bevorzugtes Fernsehprogramm) müssen die Eltern bei der Partnerwahl also unbedingt einhalten.
Ganz anders als die Türken sehe ich übrigens die Kein-Sex-Vor-Der-Ehe-Direktive; im Gegenteil, desto mehr Erfahrung und Fähigkeiten in eine Beziehung (arrangiert oder nicht) eingebracht werden kann, umso besser. Schließlich profitieren beide davon, grade wenn man sich sonst nichts zu sagen hat.
Wird man ein Leben lang wirksam indoktriniert, dass man diese oder jene Person zu ehelichen hat, stellt sich vermutlich auch gar nicht mehr so stark die Frage nach Sinn oder Gerechtigkeit. Ich stell mir das dann so vor wie mit der Arbeit: Von Kindesbeinen war vorgezeichnet, dass ich mal 40, 50 Jahre arbeiten müsse. Niemand hat mich je gefragt, ob ich das überhaupt wolle – ein Nachdenken darüber oder Hadern damit kam mir also gar nie in den Sinn.
Zusammenfassend könnte man also vom perfekten System sprechen, gäbe es nicht ein klitzekleines Problem: Was tun, wenn man den totalen Krompn oder die absolute Schiachperchtn zugeteilt bekommt?