Die Antwort von Chefmenü

Vor einiger Zeit habe ich eine erboste Beschwerde-E-Mail an Chefmenü gesandt, weil ich statt der erworbenen faschierten Laibchen faschierten Braten in der Verpackung vorfand – der geneigte Leser wird meinen Zorn über diese Behandlung verstehen; ich bin ja kein Untermensch, den man wie Dreck behandeln kann.

Nach einigen Woche Wartezeit ist endlich die briefliche Antwort eingetroffen, bestehend aus zwei Zetteln und einem 5-Euro-Gutschein für Chefmenü-Produkte. Neben einem offensichtlich standardisierten Schreiben, in dem neben einer kurzen Entschuldigung für weitere Chefmenü-Produkte geworben wurde, fand ich auch die versprochene Rechtfertigung des Produzenten, der Delikatessa Lebensmittel-Handels- und Erzeugungs-Gesellschaft m. b. H.:

Wir haben sofort nach Erhalt Ihrer Nachricht unseren Produzenten und unsere Qualitätssicherung +ber den von Ihnen dargestellten Mangel informiert.Unser Produzent teilte uns mit, dass am 2. November alle vorhandenen Rückstellmuster kontrolliert wurden. In den vorliegenden Schalen befanden sich ausschließlich korrekt abgefüllte Faschierte Laibchen. Da es das Produkt „Faschierter Braten mit Saft und Erdäpfelpüree“ gibt, besteht die Möglichkeit, dass in der Abpackabteilung beim Produktwechsel ein Fehler passiert ist. Dass mehrere Schalen vertauscht wurden ist aufgrund des Vergleichs der Produktions- und Auslieferzahlen allerdings unwahrscheinlich.

Es tut uns leid, wenn wir Ihre Erwartungen nicht erfüllen konnten. Wir möchten uns nochmals recht herzlich entschuldigen! […]
Nun ja, ich bin nur mäßig zufrieden mit der Entschuldigung, das Aufdecken eines kapitalen Produktionsfehlers mit weitreichenden Folgen für die gesamte weltweite Lebensmittelindustrie scheint mir bis auf weiteres verwehrt zu bleiben. Macht aber nichts, denn es juckt mich schon wieder in den Fingern und ich habe schon meine nächste Beschwerde im Kopf …

Meine ersten Werbeeinnahmen

Gestern habe ich meine erste Überweisung von Google AdSense bekommen – 90 Euro und 29 Cent (etwa 133,74 Dollar, da leide sogar ich direkt unter dem europaschädigenden Dollarkurs) hab ich über die Werbung in meinem Weblog seit 18. Jänner 2007 verdient. Das ist jetzt nicht der Überhammer, aber einem geschenkten Gaul schaut man ja bekanntlich nicht ins Maul.

Ich hätte also auch in Zukunft nichts dagegen, wenn der geneigte Leser ab und an auf einen passenden Link im Werbeblock klickt (natürlich nur wenn wahres, ungeheucheltes Interesse besteht) und bedanke mich schon im Voraus für die paar Cent, die mir solch ein Klick einbringt.

Das Budapest Debakel 2007 – Fotos, Links & Fazit

Das war also unsere Budapestreise 2007 – selten habe ich in einer einzigen Nacht soviel erlebt wie in jener (das erklärt wohl auch die zahllosen, ellenlangen Tagebucheinträge). Und auch selten soviel Geld ausgegeben: Bei mir waren es 100 Euro für die Reise und Hotel, 140 für den Nachtklub, eine ganze Menge Kleingeld für Nahrung, Alkohol und Minibar und in Österreich nochmal 80 Euro für die Nachwehen, sprich den Zahnarzt. Der gute F. hatte es noch etwas schlechter erwischt, denn neben den Kosten für Reise, Hotel und Nachtklub waren ihm noch von den zwei Übeltätern etwa 100 Euro geraubt worden und er hatte zu allem Überfluss schon früher diesen Abend sein Handy verloren (wir vermuten im Nachtklub) …

Wie versprochen gibt es einige wenige selbst geschossene Fotos, die zwar alle verwackelt sind, aber ganz gut zur Vervollständigung passen. Mehr Infos findet der geneigte Leser in den jeweiligen Bildbeschreibungen:

Die Budapest-Tagebücher

Zusätzliche Fotos vom Inneren des Puffs Nachtklubs und dessen Bewohnern gibt es übrigens auf der offiziellen Website.

Nach Ungarn werd ich so schnell nicht mehr fahren. Auch wenn ich nicht unbedingt der verschreckte Typ bin und ein solcher Überfall in jeder Stadt (außer Rohrbach) passieren kann, hab ich doch die Nase voll von Ungarn, der ungarischen Sprache und der ungarischen Staatsgewalt. Eine gute Erinnerung nehme ich aber doch mit: Noch nie habe ich so freundliche und hilfsbereite Menschen getroffen wie J. und dessen Freundin. Das hat mich wirklich tief bewegt, ich bin ihnen sehr dankbar und sicher, dass ich seit diesem Erlebnis anders reagieren werde, wenn ich selber mal in die Situation käme, in der J. war.

Die Budapest-Tagebücher – 7: In ungarischer Staatsgewalt

Im Folgenden erzähle ich detailliert die Erlebnisse meiner, oder besser unserer, Reise in die ungarische Hauptstadt, die nach nicht einmal 16 Stunden in Budapest abgebrochen werden musste. Der geneigte Leser kann versichert sein, dass ich alle Vorkommnisse wahrheitsgetreu wiedergebe und möge mir daher verzeihen, wenn der eine oder andere Abschnitt etwas gar langatmig geworden ist und die Budapest-Tagebücher sich über viele Einträge hinziehen. Ich glaube aber, dass es sich auszahlt, alles zu lesen …

Budapest, am 17. November 2007, von etwa 03:45 – 08:00 Uhr


Geliebtes Tagebuch,

die Fahrt zum Polizeiposten ging ziemlich schnell, denn, du erinnerst dich, mein geliebtes kleines Tagebuch, der war nur ein paar Straßenblöcke entfernt. Drinnen angekommen wurden J. und ich wortlos von den beiden uns begleitenden Polizisten verlassen und setzten uns in die Sessel, die in der ungemütlichen, kalten Eingangshalle um einen niedrigen Tisch verteilt waren. Mein Begleiter spendierte mir einen Kaffee nach dem anderen aus dem nebenstehenden Automaten, denn mit meinem verbliebenen 10.000-Forinth-Schein kam ich bei dem nicht allzu gut an. Wir plauderten ein bisschen – ich erfuhr, dass J. ein "Programer for Access and SQL Server" war, die meiste Zeit saßen wir aber schweigend und müde herum und nippten an unserem schalen Automatenkaffee.

Schließlich fing J. erneut zu telefonieren an und er erklärte mir anschließend, dass er seine Freundin angerufen habe, die ziemlich gut Englisch und Deutsch könne. Trotz der nachtschlafenen Stunde traf die Dame schnell bei uns am Polizeiposten ein – jetzt warteten wir also zu dritt auf das, was mich erwarten würde. Mehrmals dankte ich J. für seine Hilfe und sagte ihm, dass er schon genug für uns getan habe, er müsse nicht jetzt auch noch mit mir warten, aber er meinte stets freundlich, er würde das mit mir durchhalten, worüber ich ehrlich gesagt sehr froh war. Um die Zeit totzuschlagen plauderten wir über so manche Belanglosigkeit und J. und seine Freundin entschuldigten sich im Namen der Ungarn für unsere Erlebnisse und versicherten mir, dass das absolut nicht typisch für Budapest sei; sie boten mir an, bei meinem nächsten Besuch in Ungarn bei ihnen bleiben zu können um die schönen Seiten der Stadt kennen zu lernen. Die Freundlichkeit der zwei verbesserte tatsächlich meine Meinung über die Menschen im Allgemeinen und die Ungarn im Besonderen – wir tauschten E-Mail-Adressen aus und ich lud sie nach Österreich und Linz ein.

Schließlich, wir warteten wohl schon fast eine Stunde, kam endlich ein verschlafener, übergewichtiger, übelriechender Dolmetscher in die Eingangshalle und übertrug gleich an Ort und Stelle meine Geschichte auf Papier. Das dauerte seine Zeit, denn die Deutschkenntnisse des Herrn ließen etwas zu wünschen übrig und auch die Personenbeschreibung gestaltete sich sehr schwierig, weil ich mich kaum noch an die beiden Übeltäter erinnern konnte. Die Freundin von J. hörte unsere Erlebnisse jetzt zum ersten Mal und schüttelte immer wieder bestürzt und ungläubig den Kopf. Mittlerweile trafen auch F. und C1. in Polizeibegleitung bei uns ein, die beide zwar nicht mehr blutig waren, aber im Gesicht mächtig geschwollen, stolz ihre Röntgenbilder präsentierten und sich über die miese Betreuung im Krankenhaus beklagten – zum Glück war aber keiner der beiden ernsthaft verletzt. Der Dolmetscher verschwand daraufhin schnaufend mit F. und ließ uns übrigen vier allein in der Eingangshalle zurück.

J. unterhielt sich kurz mit seiner Freundin, woraufhin auch die sich kurz entfernte und etwa zwanzig Minuten später mit einer Thermoskanne Kaffee, Mineralwasser und einigen Sackerln Knabbereien zurück kam – sogar an eine Packung Tiefkühlgemüse für die Blessuren von F. hatte sie gedacht. "Lets make a party here" meinte sie, während sie ihre Mitbringsel auf dem Tisch ausbreitete; müde und dankbar nahmen C1. und ich die Bewirtung an. Nach etwa einer Dreiviertelstunde war das Verhör von F. beendet und er wurde durch C1. ersetzt, der ebenfalls lange mit dem Dolmetscher verschwand. Vollkommen frustriert über die ewige, nicht endenwollende Warterei wurden wir immer wortkarger und zählten jede Sekunde.

Endlich, es dürfte wohl so gegen 06:30 am Morgen gewesen sein, kam C1. zurück und ich fragte den Dolmetscher, ob wir jetzt endlich gehen dürften. "Bald", meinte der und deutete nun mir, ich solle ihm folgen, während F. und C1. zusammen mit J. und dessen Freundin in der Eingangshalle zurück blieben. Über einen wackligen kleinen Lift fuhren der schwitzende, stinkende Mann und ich ein paar Stockwerke nach oben und ich fand mich in einem kleinen, dreckigen, vollgeräumten Büro wieder, dass jedem Klischee über kommunistische Bürokratie entsprach. Ich wurde auf einen unbequemen kleinen Hocker gesetzt, während sich der Dolmetscher unter Ächzen in einen schmutzigen Couchsessel quetschte, der zwischen Stahlschränken eingezwängt in einer Ecke stand. Hinter einem klitzekleinen Monitor saß ein junger Polizeibeamter in Zivil, der gemütlich im Einfingersystem meine frühere Aussage, die ihm der Dolmetscher diktierte, eintippte. Hin und wieder gab es eine ungarische Rückfrage, die dann für mich übersetzt wurde und die ich nach bestem Wissen und Gewissen beantwortete. Die Minuten verrannen zäh und ich schlief fast auf meinem lehnenlosen Sesselchen ein, bis sich nach Stunden, wie mir schien, der Dolmetscher schnaufend wieder erhob, einen Stoß Zettel aus dem Drucker nahm und mir etwa zwanzig (keine Übertreibung) Unterschriften entlockte. Mehrmals musste ich auch auf Deutsch "Ich habe verstanden" hinschreiben – erst nach mehrmaligem Nachfragen wurde mir erklärt, was ich da überhaupt unterzeichnete. Danach fuhren wir mit dem Lift wieder nach unten, wo noch immer meine vier Begleiter warteten und F. kläglich und mit fast erlöschter Hoffnung fragte: "Dürfen wir jetzt endlich gehen?"

"Bald", meinte der Dolmetscher und verschwand kurz im Nebenraum, nur um gleich wieder zurückzukommen, sein Köfferchen zu öffnen und darin herumzukramen; "Er wird nach Stunden bezahlt", raunte mir die Freundin von J. zu. Unendlich frustriert und gereizt tigerten wir wie eingesperrte Raubtiere auf und ab, bis wir endlich, endlich gehen durften – der Dolmetscher versicherte uns noch einmal, dass ein solch brutaler Überfall äußerst ungewöhnlich sei und verabschiedete uns. J. und seine Freundin begleiteten uns jetzt noch auf dem Fußweg zurück ins Hotel – worüber F., C1. und ich erneut sehr froh waren, denn von uns hätte keiner den Weg gewusst. Es war wohl so gegen 08:00 bis wir endlich an unserem Ziel eintrafen, uns über alles dankbar von diesen beiden guten Menschen verabschiedeten und todmüde ins Bett fielen.

Zur Mittagszeit standen wir wieder auf, weckten S., G. und C2., schilderten ausführlich unsere unglaublichen Erlebnisse, aßen einen Happen bei McDonalds und verließen auf schnellstem Weg das Hotel und das Land.

Die Budapest-Tagebücher – 6: Nach dem Überfall

Im Folgenden erzähle ich detailliert die Erlebnisse meiner, oder besser unserer, Reise in die ungarische Hauptstadt, die nach nicht einmal 16 Stunden in Budapest abgebrochen werden musste. Der geneigte Leser kann versichert sein, dass ich alle Vorkommnisse wahrheitsgetreu wiedergebe und möge mir daher verzeihen, wenn der eine oder andere Abschnitt etwas gar langatmig geworden ist und die Budapest-Tagebücher sich über viele Einträge hinziehen. Ich glaube aber, dass es sich auszahlt, alles zu lesen …

Budapest, am 17. November 2007, von etwa 03:10 – 03:45 Uhr


Geliebtes Tagebuch,

erinnerst du dich noch? F., C1. und ich wurden von Profis mitten in der Nacht im Zentrum von Budapest überfallen und verprügelt; nachdem uns in der Nähe befindliche Zeugen nicht zu Hilfe gekommen waren, hatte ich hilfesuchend die Notrufnummer gewählt, sah mich jetzt aber außer Stande, dem Menschen am anderen Ende der Leitung meinen Standort genauer beschreiben zu können.

Da erblickte ich zwei Arbeiter, die sich gerade an den Toren des Bahnhofs zu schaffen machten. Eilig stürzte ich, das Handy noch immer am Ohr, die paar Stufen zum Bahnhofseingang hinauf und bat einen der beiden in atemlosem Englisch, meinem Gegenüber am Telefon den aktuellen Standort zu erklären.  Zum Glück schien mich der Bahnarbeiter zu verstehen, denn er nahm das Handy aus meiner zittrigen Hand, sprach ein paar Sätze auf Ungarisch ins Mikrofon und gab mir dann mein Telefon zurück. Der Notrufmensch meinte nur mehr "Understood – I’ll send police" und legte dann ohne einen weiteren Kommentar auf – meinen Namen oder ähnliches wollte er sowieso nicht wissen. Dankbar nickte ich den beiden Arbeitern zu, die schon wieder unbeeindruckt dabei waren, die Bahnhofstüren zu verschließen.

Hinter mir was es mittlerweile ruhig geworden – seit dem ersten Faustschlag waren wohl noch keine fünf Minuten vergangen, auch wenn es mir wie Stunden vorkam. Ich lief zurück über die Straße und war mehr als erleichtert, wie ich erkannte, dass die beiden Schläger nicht mehr da waren – übrigens genau so wenig wie das Taxi. Dafür war ein anderer Ungar, nennen wir ihn J.,  da, der sich um F. und C1. zu kümmern schien. Ich hastete auf die drei zu und schnappte erschrocken nach Luft, als ich das Gesicht von F. sah – geschwollen und vollkommen mit Blut überströmt, erheblich schlimmer als ich es aus Boxfilmen gelernt hatte; auch C1. war blau und geschwollen, hatte es aber anscheinend besser als F. erwischt. Beide waren verständlicherweise vollkommen aufgelöst und konnten sich kaum noch auf den Beinen halten. J. war offensichtlich gerade dabei, die Polizei zu verständigen und als er fertig, bedankte ich mich für seine Hilfe; er blickte mich verständnisvoll an und meinte auf Englisch, er würde bis zum Eintreffen der Polizei bei uns bleiben.

Äußerst dankbar gab ich ihm die Hand, er nahm sie und klopfte außerdem aufmunternd auf meine Schulter; F. und C1. standen oder saßen derweil blutend am Straßenrand und konnten die Situation wohl noch immer nicht fassen. Gemeinsam warteten wir auf die ungarische Polizei, die es so gar nicht eilig zu haben schien – nach etwa 15 Minuten nahm J. erneut sein Mobiltelefon in die Hand und rief, so vermutete ich zumindest, erneut bei der Polizei an – diesmal schon erheblich aufgebrachter. Nach weiteren fünf bis zehn Minuten tauchte endlich ein Streifenwagen auf, dem, man glaubt es kaum, genau jene beiden Beamten entstiegen, die wir schon früher diese Nacht vor dem Nachtklub kennengelernt hatten. Sie schienen nicht sonderlich beeindruckt zu sein sondern warfen höchstens neugierige Blicke auf den blutüberströmten F. Unser ungarischer Helfer redete auf sie ein und schien ihnen die Situation zu erklären, woraufhin sich einer der beiden wieder ins Auto setzte und der zweite einen Block zog und gemütlich begann, Personalien aufzunehmen.

Ich konnte nicht glauben, was da gerade passierte und fuhr ihn auf Englisch an, auf dass er bitte sofort einen Krankenwagen für F. und C1. rufen solle – der Polizist schaute mich nur fragend mit großen, gelangweilten Augen an, zuckte dann mit den Schultern und fuhr fort, auf seinen Block zu kritzeln. Hilflos bat ich J., mein Anliegen den Beamten klar zu machen – ohne lange zu Zögern ließ er daraufhin einen erbosten Schwall ungarischer Wörter auf die Beamten los, bis der im Auto endlich zum Funkgerät griff, woraufhin J. mir zunickte und meinte: "The ambulance is coming."

Mittlerweile hatten sich C1. wieder halbwegs gefangen und führte irgendwelche Telefongespräche auf seinem Mobiltelefon, das später von F. übernommen wurde. Ich stand weiter mit J. und den Polizisten am Streifenwagen und versuchte dem Beamten mit dem Schreibblock meinen Namen und meine Adresse klar zu machen. Unmotiviert wie er war gab er aber schnell auf und reichte mir kurzerhand den Block zusammen mit seinem Kugelschreiber und ich begann, in irgendwelche Felder, ich konnte die ungarischen Beschreibungen ja nicht lesen, meinen Namen und Ähnliches zu schreiben. Mittlerweile waren zwei weitere Streifenwagen eingetroffen – von den Beamten konnte aber, welche Überraschung, ebenfalls keiner Deutsch oder Englisch, was sie aber nicht daran hinderte, teilnahmslos in ihren Wagen sitzen zu bleiben und die Szenerie halbinteressiert zu beobachten. Jetzt waren auch F. und C1. wieder zu J. und mir gestoßen, was den Beamten mit dem Block auf die Idee brachte, ebenfalls ihre Personalien aufnehmen zu wollen – mit den selben Problemen wie bei mir. Also kritzelte ich erneut in irgendwelche Felder die Personalien meiner beiden Gefährten.

Schließlich traf endlich die Ambulanz ein, lustlos kümmerten sich die Sanitäter mehr schlecht als recht um F. und C1. J. sprach erneut mit den Polizisten und gab mir schließlich zu verstehen, dass meine Gefährten ins Hospital gebracht werden würden – ich solle zum Polizeiposten mitkommen. Also stieg ich in jenen Streifenwagen, dessen Tür mir gewiesen wurde und ich war sehr froh, als J. mir erklärte, dass er mitkommen würde, denn ohne ihn würde ich kein Wort von dem verstehen, was mir die ungarische Exekutive zu sagen hatte. Er setzte sich also neben mich in den Fond des Fahrzeugs und wir wurden im Eiltempo, jedoch ohne Blaulicht, ein paar Blöcke weiter zur nächsten Polizeistation gefahren. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich glücklicherweise noch nicht, dass dies noch eine lange Nacht werden sollte …

Die Budapest-Tagebücher – 5: Der Überfall

Im Folgenden erzähle ich detailliert die Erlebnisse meiner, oder besser unserer, Reise in die ungarische Hauptstadt, die nach nicht einmal 16 Stunden in Budapest abgebrochen werden musste. Der geneigte Leser kann versichert sein, dass ich alle Vorkommnisse wahrheitsgetreu wiedergebe und möge mir daher verzeihen, wenn der eine oder andere Abschnitt etwas gar langatmig geworden ist und die Budapest-Tagebücher sich über viele Einträge hinziehen. Ich glaube aber, dass es sich auszahlt, alles zu lesen …

Budapest, am 17. November 2007, von etwa 03:00 – 03:10 Uhr


Geliebtes Tagebuch,

wir wurden also von zwei Jungens, nennen wir sie A und B, auf offener, heller, breiter Straße angesprochen. Unschuldslämmer die wir sind dachten uns weiter nichts dabei und begannen, ungezwungen mit den beiden zu plaudern, denn wir wollten ja in die nächstbeste Bar und erhofften uns hierfür nähere Hinweise von zwei offensichtlich ortskundigen Herren – etwa fünf Minuten redeten wir so freundlich miteinander.

Ab hier, geliebtes Tagebuch, ging alles verteufelt schnell und ich kann mich nur mehr bruchstückhaft an die einzelnen Details erinnern, werde aber versuchen, dir, meinem kleinen Tagebuch, unsere Geschichte so gut wie möglich zu schildern: Plötzlich hatte A die Geldbörse von F. in Händen; er scheute es auch nicht, uns dies zu zeigen, wich aber ein paar Schritte zurück. Wir drei, F., C1. und ich, überlegten nicht lange und setzten ihm nach, meinte A auch immer nur breit grinsend "Just a joke guys, just a joke". Schnell hatten wir ihn und F. entwand ihm, ohne auf besonderen Widerstand zu stoßen, die Geldbörse. Aus den Augenwinkeln sah ich aber, dass A geschickt das Papiergeld aus dem Portmonee gefingert und auf die Straße geworfen hatte. Hastig nahm ich das Geld wieder auf und gab es an F. zurück, der gerade seine Geldbörse wieder bekommen hatte. Das Ganze hatte vielleicht 45 Sekunden gedauert und noch immer dachten wir uns nichts Böses dabei – teils wohl bedingt durch unseren Alkoholpegel, teils aber sicher auch deshalb, weil wir noch gar keine Zeit gehabt hatten, überhaupt nachzudenken.

Die hatten wir auch jetzt nicht: Plötzlich schlug A den vollkommen überraschten F. blitzschnell zu Boden; wie genau, konnte ich nicht erkennen, weil ich ihm gerade halb den Rücken zugedreht hatte – ich sah F. erst wieder, als er bereits vor Schmerzen gekrümmt am Boden lag. Jetzt wurde auch B aktiv, der bisher passiv ein paar Meter entfernt gestanden hatte; er trat zwischen F., C1. und mich, die wir beide etwa drei Meter von F. entfernt waren, denn natürlich wollten wir ihm sofort zu Hilfe kommen. C1. redete auf B ein, während wir versuchten, an ihm vorbei zu F. zu kommen: "Tell your friend to fucking stop!". Auf einmal, ich wusste gar nicht wie mir geschah, holte B mit seiner Rechten aus und verpasste mir einen mächtigen Schlag ins linke Unterkiefer.

Das überraschte mich vollkommen – ich spürte nur, wie ein gutes Stück meines linken oberen Weisheitszahns abbrach, spuckte dieses und einiges Blut aus und blickte ungläubig auf B, der nicht lange zögerte und mir noch einmal mit der Faust ins Gesicht schlug. Jetzt erst verstand ich die Situation und wich erschrocken einige Schritte zurück. Ich sah C1., wie er sich mutig und unter Gebrüll ("I will kill you!") auf B stürzte, der aber kaum Mühe hatte, den Ansturm abzuwehren. Mir wurde klar, dass wir, auch wenn wir zu dritt waren, gegen diese beiden Profis keine Chance hatten und blickte mich nach Hilfe um: Ich sah noch, wie die Tür einer Snackbude, kaum  fünf Meter entfernt, gerade von innen geschlossen wurde und außerdem ein Taxi, das ebenfalls nur ein paar Meter entfernt am Straßenrand parkte. Darauf lief ich hastig zu und merkte gerade noch, dass der Taxifahrer das Beifahrerfenster hoch kurbelte und die Türen von innen versperrte. Verzweifelt klopfte ich an die Scheibe und rief ihm zu: "Please, call the police!", er blickte aber mich nur an und meinte unbeeindruckt: "No."

Daran änderten auch meine weiteren Bitten nichts, der Taxifahrer schaute mich nur kalt an und zuckte, fast schadenfroh wie mir schien, mit den Schultern, während ich hinter mir die Schreie von F. und C1. hörte. Ich konnte nicht glauben, was gerade passierte und überlegte fieberhaft, was ich nun weiter tun sollte – mein Schädel dröhnte noch immer von den beiden Schlägen, die ich abbekommen hatte und ich spürte den metallischen Geschmack von Blut im Mund. Da sah ich auf der anderen Straßenseite, gleich neben dem Haupteingang des Bahnhofs, eine Telefonzelle. Eilig stürzte ich hin, in der Hoffnung, dort irgendwo die Telefonnummer der ungarischen Polizei zu finden; das Innere und Äußere der Telefonzelle war aber nur von Graffiti übersäht.

Glücklicherweise fing mein Gehirn jetzt wieder halbwegs zu arbeiten an und ich entsann mich des Europanotrufes. Hastig wählte ich 112 auf meinem Handy, vertippte mich ein paar Mal und kam endlich nach einigen Sekunden Getute an einen Ungarn, der mich nach meinem atemlosen "Do you speak English?" und einigen weiteren kostbaren Sekunden an einen englisch sprechenden Kollegen übergab. Fieberhaft erklärte ich dem, dass wir gerade in diesem Moment überfallen wurden. Unbeeindruckt wollte der Notrufmensch wissen, wo ich mich gerade befand – ich konnte ihm, nach einigen gehetzt suchenden Blicken nach Straßenschildern aber nur "At the train station" sagen, was er kühl mit einem "Budapest has three train stations" quittierte. Währenddessen hörte ich 30 Meter hinter mir noch immer F. schreien …

Die Budapest-Tagebücher – 4: Vor dem Sündenbabel

Im Folgenden erzähle ich detailliert die Erlebnisse meiner, oder besser unserer, Reise in die ungarische Hauptstadt, die nach nicht einmal 16 Stunden in Budapest abgebrochen werden musste. Der geneigte Leser kann versichert sein, dass ich alle Vorkommnisse wahrheitsgetreu wiedergebe und möge mir daher verzeihen, wenn der eine oder andere Abschnitt etwas gar langatmig geworden ist und die Budapest-Tagebücher sich über viele Einträge hinziehen. Ich glaube aber, dass es sich auszahlt, alles zu lesen …

Budapest, am 17. November 2007, von etwa 01:30 – 03:00 Uhr


Geliebtes Tagebuch,

vor dem Nachtklub traf ich meine restlichen Gefährten wieder, die ziemlich erbost über das in Ungarn scheinbar vorherrschende Puffpreisniveau waren und erregt über das Erlebte diskutierten. C2. und G. warfen noch ein "Uns reichts, wir schaun ins Hotel" hin und verließen beleidigt den Schauplatz. Wir restlichen verblieben noch etwas länger, ich unterhielt mich intensiv mit S. über unsere Erfahrungen – er war neben mir der einzige, der nicht nur die negativen Seiten erkannte und spazierte mit ihm ein paar Schritte weiter. Als wir zurück kamen, entdeckten wir, dass F. und C1. (die das Lokal bekanntlich als erste verlassen haben) die Polizei verständigt hatten und sich lautstark bei den beiden jungen Beamten beschwerten, die zur Klärung des Sachverhalts ausgerückt waren. Natürlich, wie könnte es anders sein, sprachen die Polizisten kaum Englisch und waren dem Anliegen der betrunkenen Touristen nicht ausnehmend freundlich gesinnt. Frech wie ich bin machte ich auch gleich ein Foto von der illustren Szenerie, wurde aber unverzüglich unfreundlich von den Beamten und der ebenfalls anwesenden Puffmutter aufgefordert, das Bild zu löschen – zuerst wollte ich das nur heucheln, wurde aber beim Löschvorgang penibel überwacht, daher konnte ich nicht anders.

Das Streitgespräch wogte hin und her bis schließlich einer der Beamten die Meinung von S. und mir, die wir zwei Meter abseits standen und das Spektakel beobachteten, wissen wollte. Wir machten ihm aber nur deutlich, dass er mit F. und C1. reden solle, wir hatten schließlich keine Amtshandlung angefordert. Das genügte den dienstbeflissenen Staatsdienern, ihren Einsatz abzubrechen und zu ihrem Fahrzeug zurückzukehren. Die Puffmutter warf uns noch einen giftigen Blick zu und verschwand ebenfalls. Geschlagen machten wir uns auf den Heimweg zum Hotel – während des langen Trottes durch die kalten Straßen von Budapest kam aber die Stimmung langsam wieder zurück. Im Hotel entschied sich nur S. für den Verbleib dortselbst, F. und C1. machten sich sofort auf den Weiterweg und ich begleitete sie nach kurzem Zögern.

Der mit Abstand größte Fehler dieses debakelgepflasterten Abends, wie sich gleich heraustellen sollte: Wir drei schlenderten vom Hotel aus Richtung Keleti Bahnhof (ein monumentaler Bau im besten Stil der späten Monarchie), der sich vor einem großen Platz befand und suchten rund um jenen nach einem Lokal, das um diese nachtschlafene Zeit noch geöffnet hatte. Nur eine Straße entfernt vom Haupteingang des Bahnhofs kamen uns zwei junge Männer entgegen, die uns freundlich anhielten und mit uns auf nette und englisch Art zu plaudern begannen …

Die Budapest-Tagebücher – 3: Noch immer im Sündenbabel

Im Folgenden erzähle ich detailliert die Erlebnisse meiner, oder besser unserer, Reise in die ungarische Hauptstadt, die nach nicht einmal 16 Stunden in Budapest abgebrochen werden musste. Der geneigte Leser kann versichert sein, dass ich alle Vorkommnisse wahrheitsgetreu wiedergebe und möge mir daher verzeihen, wenn der eine oder andere Abschnitt etwas gar langatmig geworden ist und die Budapest-Tagebücher sich über viele Einträge hinziehen. Ich glaube aber, dass es sich auszahlt, alles zu lesen …

Budapest, am 17. November 2007, von etwa 01:00 – 01:30 Uhr


Geliebtes Tagebuch,

ich schritt also, begleitet von meinem Mädchen, das sich gekonnt bei mir untergehakt hatte und von dem fixen Vorsatz beseelt, meine Rechnung zu begleichen und diesen Sündenpfuhl zu verlassen, auf den Ausgang und die Bar zu, die den selbigen flankierte, und verlangte nach meiner Rechnung. Mir schwante Schlimmstes und ich rechnete daher mit einem Betrag von etwa 70 Euro, was die erregte Diskussion meiner drei noch übrigen Gefährten mit dem Türsteher zwei Meter links von mir erklärt hätte. Als mir mein Mädchen aber den Betrag nannte, musste ich sofort mein Handy als Taschenrechner zu Hilfe ziehen, denn meine Kopfrechnung schien mir unmöglich stimmen zu können. Was sie dann doch tat: 35.000 Forinth ergeben ca. 140 Euro. Pro Person, wohlgemerkt.

Schnell merkte ich an meinen Gefährten, die schon länger im Rechnungslegungsvorgang verstrickt waren, dass sich mit Handeln da nichts spielen wird – ich fing verschiedene Gesprächsfetzen aus ihrer Diskussion auf. So meinte einer der Türsteher erbost zu S., während er auf die Goldstücke eines Mädchens deutete: "Do you think this is for free?!" Ich erklärte mich also dazu bereit, ohne weiteres Murren zu bezahlen – schließlich hatte ich meine Zeit im Lokal nach anfänglichen Angstanfällen ganz nett gefunden und ich akzeptierte, dass wir Bauernkinder vom Land übertölpelt und abgezockt wurden.

Natürlich hatte ich nicht soviel Bargeld bei mir, daher wurde mir die Möglichkeit eröffnet, mit meinem Mädchen zum Bankomaten zu gehen, damit ich dort das Geld beheben könne. Vorher musste aber noch auf Englisch der Unterschied zwischen Bankomat und Kreditkarte geklärt werden, denn meine drei Gefährten hatten zwar keine Kreditkarte bei sich, eine Bankomatkarte aber sehr wohl, was, wie ich später erfuhr, die Türsteher zu der Meinung brachte, meine Gefährten könnten ihre Zeche nicht bezahlen. Deren Aufforderungen, ich solle für S., C2. und G. bezahlen, kam ich natürlich nicht nach – wer trinkt und schaut muss auch zahlen können und genau wie ich den niederschmetternden Gang zum Bankomaten antreten. Ich durfte musste aber eine Anzahlung von 10.000 Forinth leisten, denn soviel hatte ich etwa in bar bei mir (wie ich auf die entsprechende Frage hin angab).

Schließlich erklärte mir mein Mädchen, dass sie sich schnell umziehen gehen würde (ihr Mini-Bikini war ihr wohl etwas zu kühl für den Weg), ich solle mich in der Zwischenzeit setzen und ein Bier auf Kosten des Hauses genießen. Gesagt, getan – kurze Zeit später erschien sie wieder und begleitete mich nach oben und draußen; meine drei übrigen Gefährten diskutierten zu diesem Zeitpunkt noch immer aufgebracht. Zusammen mit meiner Dame und einem muskulösen Begleiter machte ich mich auf den Weg zum nächsten Bankomaten (ca. 7 Minuten Fußweg). Ich unterhielt mich äußerst nett mit ihr und sie machte mich auf ein Werbeplakat für betreffendes Lokal aufmerksam, auf dem sie abgebildet war. Das bestärkte mich in meiner Überzeugung, die weibliche "A-Charge" des Nachklubs abbekommen zu haben.

Am Bankomaten zog ich mir die übrigen 25.000 Forinth und machte mich mit meinen beiden Begleitern auf den Weg zurück ins Etablissement, wo ich wieder nach unten geführt wurde und an der Bar meine Rechnung beglich. Danach wollte ich endgültig den Laden verlassen, wurde aber mit dem Einwand aufgehalten, dass ich erst dann gehen dürfe, wenn alle meiner Freunde bezahlt hätten – ich solle mich bitte setzen und noch ein Bier auf Kosten des Hauses genießen – meinen Beteuerungen, dass es sich bei den Herren mitnichten um meine Freunde, sondern um irgendwelches Gesindel handelte, wurden kein Glauben geschenkt. Daher ließ ich mich wieder nieder, trank mein gratis Bier und auch mein Mädchen gesellte sich (noch in der Straßenkleidung) wieder zu mir . Endlich war ich entspannt genug, ihr all jene Fragen zu stellen, die ich schon immer einer Prostituierten stellen wollte: Wie alt sie sei (22 Jahre), wie viel Geld sie von meinen 35.000 Forinth bekommen würde (8.000), ob sie Sex mit ihren Kunden habe (Nein, nur tanzen) und so weiter.

Das blonde Mädchen schaffte es perfekt, mir immer genau das zu antworten, was ich hören wollte – ich muss zugeben, dass ich das Gespräch mit ihr sehr genoss *. Ich plauderte sicher an die zwanzig Minuten mit ihr, trank noch ein gratis Bier sowie die übrig gebliebenen meiner Gefährten, bis sich endlich die Diskussion am Ausgang auflöste, ich mich von meinem Mädchen verabschiedete, noch einen gratis Schnaps zum Abschied trank und schließlich die Wendeltreppe nach oben ging, nicht ohne noch von den Türstehern auf die Möglichkeiten eines günstigen "Private Dance" (Kostenpunkt: 10.000 Forinth) oder Sex mit einem der Mädchen hingewiesen zu werden, mit fast ausschließlich guten Erinnerungen an meinen ersten Besuch in einem Puff. Kaum draußen in der kalten Nachtluft wartete aber schon der nächste Twist …

* Vor einiger Zeit habe ich über das Buch "Die Berliner Orgie" geschrieben, in dem ein Autor die Berliner Rotlichtszene erkundete und über seine Erfahrungen schrieb. Erst seit meinem Besuch in jenem Nachtklub verstehe ich, was er meinte, wenn er davon erzählte, dass die Mädchen es hervorragend verstehen, den Männern ein angenehmes Gefühl des Geschätzt-Werdens zu vermitteln, auch wenn einem zu jedem Zeitpunkt ganz klar ist, dass sie es nur des Geldes wegen machen.

Die Budapest-Tagebücher – 2: Im Sündenbabel

Im Folgenden erzähle ich detailliert die Erlebnisse meiner, oder besser unserer, Reise in die ungarische Hauptstadt, die nach nicht einmal 16 Stunden in Budapest abgebrochen werden musste. Der geneigte Leser kann versichert sein, dass ich alle Vorkommnisse wahrheitsgetreu wiedergebe und möge mir daher verzeihen, wenn der eine oder andere Abschnitt etwas gar langatmig geworden ist und die Budapest-Tagebücher sich über viele Einträge hinziehen. Ich glaube aber, dass es sich auszahlt, alles zu lesen …

Budapest, am 17. November 2007, von etwa 00:30 – 01:00 Uhr


Geliebtes Tagebuch,

zögerlich betraten die übrigen drei Gefährten und ich den Nachtklub. F. und C1. waren ja bereits, du erinnerst dich, mein geiles kleines Tagebuch, einige Minuten vorher ohne lange zu fackeln und unter Johlen im Inneren verschwunden. Folgendes Zitat, das unsere damaligen Gefühle sehr gut ausdrückt, soll dabei Gerüchten zu Folge gefallen sein: "I hab Angst, aber i bin scharf."

Wir stolperten also ängstlich aneinandergedrückt durch den streng bewachten Eingang und in Folge eine enge Wendeltreppe hinunter. Keiner wusste, was ihn erwarten würde – wir erhofften uns ein Etablissement nach amerikanischem Vorbild, wo in der Mitte die Show abgeht und man am äußeren Rand schön mit seinem Bier in Ruhe gelassen wird. Pustekuchen: Unten erblickten wir einen länglichen Raum mit runden Sofabänken und Tischen an den Wänden, über die erheblich mehr Frauen als männliche Gäste verstreut waren. In einem dieser Sofas lümmelten bereits F. und C1. wie die Paschas – beide mit einem Getränk in der einen Hand, einer Zigarette in der anderen und einem halbnackten Häschen auf dem Schoß.

Sofort wollten wir diese Brutstätte der Lüste wieder verlassen, da sich aber niemand den ersten Schritt zu machen traute, setzten wir vier uns an jenen Tisch, der den zwei Paschas am nächsten war und rückten möglichst eng zusammen, damit uns keine Damen an die Pelle rücken konnten. Ein untersetzter, muskelbepackter Herr im weißen Hemd und mit schwarzer Krawatte nahm unsere Bestellung entgegen (vier Bier, zu etwa sechs Euro das Stück). Furchtsam blickten wir uns mit kläglichen "Oida-Wo-Sind-Wir-Da-Gelandet"-Blicken an, während sich am Sofa neben uns erwähnte Häschen an F. und C1. rieben.

Wir hatten noch keinen Schluck aus unseren Bieren genommen, als plötzlich vier bisher versteckte Damen, die eine halbnackter als die andere, an unserem Tisch auftauchten. Voller Angst wollten wir endgültig diesem Sündenpfuhl entfleuchen, wurden aber von den Mädchen gehindert, denn diese saßen, obwohl wir alle so extra eng zusammengerückt waren, bereits auf unseren Knien. Jede hatte ihre eigene Flasche Wein mitgebracht sowie eine Dose Red Bull mit Strohhalm. Schön langsam schwante uns, finanziell gesehen, Übelstes, aber nur Gefährte C2. hatte den Mut, seine Dame von sich zu weisen. Das nützte übrigens nicht viel, denn eine andere nahm sofort den Platz ein und den Ersatz ihres Platzes zu verweisen wagte auch C2. nicht mehr.

Angespannt saßen wir also da, während die Damen versuchten, Konversation mit uns zu machen ("How old are you?", "Where you from?") – schnell erlagen wir der trügerischen Hoffnung, dass sie von alleine wieder gehen würden, wenn wir kein Interesse zeigten. Falsch gehofft, denn wie auf ein Stichwort entledigten sich unsere Begleiterinnen plötzlich ihrer winzigen Oberteile und fingen an, vor und auf uns zu tanzen und uns ausführlich ihre Goldstücke zu zeigen. Ich für meinen Teil hatte viel zu viel Angst und Respekt vor dem weiblichen Geschlecht, um die dargebotene Show genießen zu können, konnte aber trotzdem erkennen, dass ich Glück mit meinem Mädchen hatte – das neben mir und auf S. hatte mindestens sieben Lenze mehr auf dem Buckel – man muss aber auf jeden Fall zugeben, dass wir offensichtlich in einem der besseren Klubs gelandet sein mussten, denn jede der Damen war sehr hübsch und in Topform.

Irgendwann wurden unsere stummen Stoßgebete erhört, die Oberteile wurden wieder angebracht und die Damen ließen sich erneut auf unseren Knien nieder. In Gedanken versuchte ich, die Rechnung für dieses kurze Vergnügen (wir waren wohl noch keine fünfzehn Minuten im Etablissement) zu überschlagen, scheiterte aber kläglich. Ähnlich musste es C1. gegangen sein, dessen Tittentanz früher zu Ende gegangen war und der sich schon wieder Richtung Ausgang aufgemacht hatte. Vollkommen aufgelöst kam er zurückgestolpert und flüsterte mir etwas ins Ohr, was ich nicht verstand; ich erkannte aber das blanke Entsetzen in seinen Augen. Mittlerweile hatte ich mich aber an das hübsche Mädchen auf meinem Schoß gewöhnt und plauderte ein bisschen belangloses Zeug mit ihr (sie sprach ganz gutes Englisch). Sie fütterte mich außerdem fürsorglich mit meinem Bier und ihrem Wein, von dem sie auch selber ab und zu ein Schlückchen nahm – meinem Adlerauge entging aber nicht, dass sie ihre Schlückchen über den Strohhalm zurück in ihre Red Bull Dose beförderte – kein Alkohol im Dienst anscheinend. Nach einigen netten Minuten bat ich sie schließlich, von mir aufzustehen, denn mittlerweile waren F. und C1. aus dem Lokal verschwunden und auch die restlichen drei Gefährten standen bereits am Ausgang und schienen mit den Türstehern in eine erregte Diskussion verwickelt zu sein …

Die Budapest Tagebücher – 1: Die Gefährten

Im Folgenden erzähle ich detailliert die Erlebnisse meiner, oder besser unserer, Reise in die ungarische Hauptstadt, die nach nicht einmal 16 Stunden in Budapest abgebrochen werden musste. Der geneigte Leser kann versichert sein, dass ich alle Vorkommnisse wahrheitsgetreu wiedergebe und möge mir daher verzeihen, wenn der eine oder andere Abschnitt etwas gar langatmig geworden ist und die Budapest-Tagebücher sich über viele Einträge hinziehen. Ich glaube aber, dass es sich auszahlt, alles zu lesen …

Linz/Budapest, am 16. November 2007, von etwa 13:00 – 00:30 Uhr


Geliebtes Tagebuch,

unsere Reise nach Budapest war schon seit Monaten von langer Hand geplant und von uns sechs Gefährten bereits sehnlichst erwartet worden; Gefährte C1. drückte es, in der für ihn so typischen, wortkargen Art, prägnant aus : "Vorher is nix, nachher wird nix sein – es gibt nur Budapest." Am Plan standen also zweieinhalb planlose Tage nonstop Alkohol Kultur in der ungarischen Hauptstadt.

Freitag Mittag war es dann endlich so weit: Zusammen mit einer halbwarmen Palette Ottakringer Dosenbier (weil es billiger als die Konkurrenz ist) machten sich die fünf Gefährten F., C1., G., S., und meine Wenigkeit vom Linzer Hauptbahnhof in Richtung Budapester Keleti-Bahnhof auf. In Wien stieß dann Gefährte C2. zu unserer illustren Gruppe hinzu, der glücklicherweise eine Kokosnuss als Reiseproviant mit sich führte, denn vom mitgebrachten Bier waren nur mehr traurige Reste vorhanden (die Nuss wurde übrigens im Laufe der Bahnfahrt erfolgreich mit bloßen Händen geknackt und bot ein schmackhaftes, gesundes Mahl für alle Beteiligten). An der Grenze bekamen wir noch den gut gemeinten Ratschlag des österreichischen Schaffners: "Jetz reißts eich zam, die Ungarn schmeißen eich auße!" mit, dann hatten wir die Heimat endgültig im Rücken und blickten frohgemut nach vorne.

In Budapest fanden wir relativ (und überraschend, denn C1. hatte die Führung übernommen) schnell das Hotel, checkten rucki-zucki ein und machten uns dann gleich auf den Weg in die Innenstadt (es dürfte wohl so gegen 20 Uhr gewesen sein). An den ersten Bars gingen wir noch stolz vorbei, bald zogen uns aber die großen Schaufenster eines Grillrestaurants an und schnell hatte jeder sein Bier vor sich. Etwas weniger schnell merkten wir, dass wir in einem All-You-Can-Eat-And-Drink-Laden waren und uns schon eine Rechnung von 16 Euro pro Person aufgehalst hatten. Grundsätzlich wäre das ja nicht weiter tragisch, nur hatte kaum einer von uns Hunger, der Appetit auf Bier hielt sich wegen des Verzehrs obig erwähnter Palette auch in Grenzen und der ebenfalls im Preis inkludierte Wein kam, wie wir hinter der Bar erspähen konnten, aus dem Plastikkanister und war selten ekelhaft (die in Österreich erhältliche Zwei-Liter-Flasche für zwei Euro ist ein edler Tropfen gegen jenen Fusel). Exakt gleiches galt für den angebotenen Sangria, der entfernt nach Leber schmeckte.

Trotzdem hielten wir tapfer zwei Stunden in diesem Lokal durch, würgten ein Glas des grauenhaften Gesöffs nach dem anderen hinunter (wir verdünnten die Flüssigkeit mit Coke, was den Geschmack halbwegs erträglich machte) – zwischendurch schlief C1., der am schlimmsten zwischen den Ottakringer Dosenbieren gewütet hatte, mit dem Kopf auf dem Tisch den Schlaf der Gerechten. Als wir endlich genug hatten (soll heißen, sich unsere 16 Euro wenigstens ansatzweise rentiert hatten), ließen wir einen schönen Haufen Forinth zurück und machten uns weiter auf den Weg.

Nach langer Irrfahrt, während der C1. allmählich zurück zu seiner alten Form fand und jedes herumstehende Grüppchen in schönsten Mühlviertlerenglisch nach dem Weg in eine Bar, die er noch während der Bahnfahrt von einem Business-Ungarn mit Notebook erfragt hatte, erkundigte, entdeckten wir schließlich ein nettes kleines Pub mit ganz erträglichen Bierpreisen – anscheinend zu erträglich, denn F. schaffte es innerhalb kürzester Zeit, mir einen halben Liter Bier über T-Shirt, Weste, Hose und Schuhe zu schütten, was vorübergehend zu einer kleineren Missstimmung zwischen uns und einem längeren Aufenthalt in der Toilette bei den Papierhandtüchern für mich führte. Außerdem schloss das Pub viel zu früh und wir mussten noch immer durstig unseren Weg fortsetzen.

Ein Stückchen weiter, es wird wohl so gegen 0:30 Nachts gewesen sein, wurden wir auf offener Straße von einem der üblichen Touristenfänger angesprochen, der uns mit Gutscheinen lockte und den Weg in einen Nachtklub wies – die versprochenen Bierpreise schienen uns für ein solches Etablissement ganz akzeptabel, außerdem hatten wir schon gar keine Wahl mehr, denn F. und C1. waren bereits mit lautem Holladrio im vielfach mit Türstehern bestückten Klub verschwunden …